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Strich drunter? Das Turboabitur bleibt umstritten.

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Turboabitur in Berlin: Schüler befragen Schüler zu Lernstress

Fühlen sich die Gymnasiasten tatsächlich gestresster als Sekundarschüler? Eine Umfrage zum Thema Turboabitur soll das klären. Schon jetzt steht fest: Ihre Wochenstundenzahl ist fast identisch.

Zu viel Druck? Zu wenig Freizeit? Zu viel Unterricht, der an der Oberfläche bleibt? Fragen wie diese wollen sich Berlins Schülervertreter jetzt von Schülern aller Berliner Gymnasien und Sekundarschulen beantworten lassen, um angesichts der erneut aufgebrochenen Turboabitur-Debatte eine objektives Einschätzung von der Stimmung in der Schülerschaft zu bekommen. „Das ist ein großes Thema und wir wollen ein breites Meinungsbild einholen“, begründet Berlins Landesschülersprecher Janosch Jassim das aufwendige Unterfangen gegenüber dem Tagesspiegel.

Tatsächlich hat das höchste Schülergremium allen Grund, sich fundiert zu positionieren, denn seit der Rückkehr Niedersachsens und anderer Länder zur 13jährigen Schulzeit an den Gymnasien ist das Thema auch in Berlin wieder präsenter. Vor allem im Landeselternausschuss formieren sich erneut die Kräfte, die immer schon gegen die Schulzeitverkürzung waren, weil sie ihre Kinder für überfordert halten. Und schließlich gibt es auch unter den Gymnasiallehrern eine latente Gegenwehr gegen das Turboabitur. Argumentiert wird damit, dass der Unterrichtsstoff nicht mehr genügend vertieft werden könne. „Bildung braucht Muße“, fasst der Leiter des Charlottenburger Wald-Gymnasiums, Wolfgang Ismer, die Bedenken zusammen.

Die Abiturergebnisse sind nicht schlechter geworden

Der Verband der Oberstudiendirektoren warnt allerdings vor den Konsequenzen eines erneuten Umbruchs, der alle Reformanstrengungen der vergangenen acht Jahre zunichte machen würde, zumal die Abiturergebnisse der Turboschüler nicht schlechter als die ihrer Vorgänger sind.

Landesschülersprecher Janosch Jassim hat zusammen mit den Bezirksschülerausschüssen die Umfrage initiiert.
Landesschülersprecher Janosch Jassim hat zusammen mit den Bezirksschülerausschüssen die Umfrage initiiert.

© privat

Umso gespannter sind alle Beteiligten auf die Erhebung unter den Schülern. Die Fragen werden jeweils vier Gruppen gestellt: Den Mittel- und Oberstufenschülern sowohl der Gymnasien als auch der Sekundarschulen. Dies dürfte ein differenziertes Bild ergeben und auch mit Irrmeinungen in der Öffentlichkeit aufräumen. So haben die Sekundarschüler trotz ihres zusätzlichen Schuljahres pro Jahr im Schnitt nur eine Unterrichtsstunde weniger als die Gymnasiasten. Damit soll die Durchlässigkeit der Schulformen gewahrt und den Sekundarschülern eine zusätzliche Förderung ermöglicht werden. Wenn die Gymnasien ihr 13. Jahr zurückbekämen, würde sich sofort die Frage stellen, was dann mit den vielen Stunden der Sekundarschulen würde. Wenn auch sie auf verkürzte Unterrichtstage zurückgeschraubt würden, stünde die gesamte Entwicklung des Ganztagsbetriebes infrage, die zum Kern der Sekundarschulen gehört und von der Bildungsforschung dringend eingefordert wird. Auch an den Gymnasien, so die Befürchtung, würden die Anstrengungen, Ganztagskonzepte zu entwickeln, erlahmen. Der Landesschülerausschuss rechnet mit den Ergebnissen seiner Umfrage im Mai.

Unter denjenigen, die das verkürzte Abitur hinter sich haben, freuen sich viele über das gewonnene Jahr. "Der viele Unterricht hat mich nicht so gestört, ich habe dennoch Tennis gespielt und nebenbei Russisch gelernt", erzählt die 20jährige Alina Rapoport, die 2012 zum Doppeljahrgang gehörte und damals am altsprachlichen Wilmersdorfer Goethe-Gymnasium das Abitur abgelegt hat. "Ich war froh, früher fertig zu sein", betont die Politikstudentin, die bereits seit zwei Jahren studiert und jetzt gern ein Jahr nach England gehen möchte.

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