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Tatort U-Bahn. Die beiden Berliner Fälle spielten sich auf Bahnhöfen ab - und damit in videoüberwachten Bereichen.

© dpa

U-Bahn-Attacken vor Gericht: Empörung spricht keine Urteile

Sinnlos brutale Attacken auf Menschen, die sich nicht wehren können: Was zwei Berliner Fälle gemeinsam haben, und was daran nicht stimmt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

In Berlin sind gerade Empörungswochen: Erst große Aufregung, weil fünf der sechs Angeklagten im Fall „Feuerattacke auf Obdachlosen“ noch vor dem Urteil aus der Haft entlassen wurden, dann Aufregung über die als zu mild empfundenen Strafen – und am Donnerstag beginnt der Prozess im Fall „U-Bahn-Treter“ mit absehbar ähnlichem Ergebnis, was Urteil und Erregung betrifft.

Keine Frage: In beiden Fällen zeigt sich eine abscheuliche Niedertracht mit erschreckender Bereitschaft, anderen Leid zuzufügen. Empörung über die Täter ist eine menschliche Reaktion – aber Empörung über das Gericht eine eher fragwürdige Haltung.

In beiden Fällen wurde, unter dem Eindruck der aufgezeichneten Bilder (die auch zur Ergreifung der Täter führten), ein Mordszenario aufgemacht. Aber eine dermaßen aufgeladene Erwartungshaltung kann das Gericht nicht befriedigen, weil es sich vom Recht leiten lässt, nicht vom Gefühl. Das unterscheidet unsere Gesellschaft von anderen, die wir sonst gerne kritisieren.

Wenn das Recht nicht mehr passt, kann nur die Legislative es ändern. Und bei aller menschlich verständlichen Empörung über tatsächliche oder vermeintliche Mittäter: Schaulustige, die am Unfallort zum Handy greifen statt zum Erste-Hilfe-Koffer, sind auch nicht viel besser – kommen aber viel öfter vor.

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