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Mehrfach trat der Täter dem am Boden liegenden Opfer an den Kopf.

© Polizei

Update

Prozess um Angriff in der Friedrichstraße: U-Bahn-Schläger zu Prozessauftakt geständig

Zu Beginn des Prozesses wegen eines brutalen Angriffs auf einem U-Bahnhof hat Torben P. ein Geständnis abgelegt. Ihm werden versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Der 18-Jährige Gymnasiast sagte am Dienstag im Landgericht: „Ich bin schockiert und entsetzt über mich selbst“. Er schäme sich sehr und habe keine Erklärung dafür. „Meine Tat ist eine Schweinerei und durch nichts zu entschuldigen“, verlas der Angeklagte in einer Erklärung. Ihm wird versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Das zufällig ausgewählte Opfer - ein 29 Jahre alter Handwerker - verlor in der Nacht zum Ostersamstag nach dem Angriff vorübergehend das Bewusstsein. Die Attacke auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße hatte bundesweit schockiert und eine neue Debatte über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern ausgelöst. Der Angreifer war auf dem Heimweg von einer Party, als er auf den Handwerker traf. Es gab einen Wortwechsel, „dann kam der Mann auf mich zu“, sagte der Schüler vor Gericht. Der Mann habe ihn am Kragen gepackt. In einer Überreaktion habe er mit der Plastikflasche zugeschlagen. „Ich hatte ein Gefühl der Angst und die Vorstellung mich verteidigen zu müssen“, schilderte der 18-Jährige den Beginn der Attacke. Das Opfer soll an diesem Nachmittag aussagen. Der Handwerker lag mit einem Schädel-Hirn-Trauma und gebrochener Nase im Krankenhaus. Bis heute leidet er psychisch unter den Folgen. Ein Mann aus Bayern, der zum Prozessauftakt erschien, hatte Schlimmeres verhindert. Er ging dazwischen und zog den Schläger weg. Laut Anklage wurde auch der Bayer von dem 18-Jährigen sowie einem Gleichaltrigen geschlagen und getreten. Dieser Mitangeklagte muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung sowie unterlassener Hilfeleistung verantworten. Er soll nichts gegen die Tritte seines Kumpanen unternommen haben.

Eine der wesentlichen Fragen des Prozesses dürfte sein, wer angefangen hat. Vor dem Prozessauftakt hat die Staatsanwaltschaft ihre Haltung bekräftigt: „Nach dem Ergebnis der Ermittlungen wurde die Tat nicht vom Geschädigten provoziert“, sagte Sprecherin Simone Herbeth dem Tagesspiegel. Dessen Verhalten führe auch zu keiner anderen strafrechtlichen Bewertung des Tatgeschehens. Der Verteidiger des mitangeklagten ebenfalls 18-jährigen Nico A. hatte dagegen davon gesprochen, das spätere Opfer Markus P. habe damit begonnen, den Streit körperlich werden zu lassen. Bilder von Überwachungskameras am Tatort U-Bahnhof Friedrichstraße hatten diese Deutung nahegelegt.

Die beiden jungen Männer sind wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung sowie unterlassener Hilfeleistung angeklagt. Vor der Tat hatte es laut Staatsanwaltschaft eine „Rangelei“ gegeben, allerdings hätten die Angeklagten zuvor provoziert. Aufschluss könnte darüber die Aussage der Zeugin S. geben, die neben den Streitenden auf einer Wartebank gesessen hatte.

Dass die Tat dadurch in anderem Licht erscheint, erwartet in Moabiter Justizkreisen kaum jemand. Aber es könnte für die rechtliche Einordnung und nicht zuletzt beim Strafmaß für den geständigen Täter eine Rolle spielen. So liegt etwa nur ein minderschwerer Fall des Totschlags vor, wenn der Täter „zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen“ wird. Möglich, dass die Verteidiger eine Verurteilung wegen dieses Delikts – oder auch nur wegen gefährlicher Körperverletzung – anstreben, während Nebenkläger Markus P. ein Urteil wegen Mordversuchs erreichen will.

Daneben wird es um den Reifegrad der Angeklagten gehen. Torben P. gilt als „Heranwachsender“, weshalb er noch nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden kann. Freiheitsstrafen sind dann auf zehn Jahre Haft beschränkt.

Verteidigern und Nebenklägern dürfte es aber vordringlich um die Frage gehen, ob Torben P., sollte er schuldig gesprochen werden, noch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden kann oder ins Gefängnis muss. Die Grenze liegt bei zwei Jahren. Der Richter hat bei der Strafzumessung nicht nur Beweggründe, Gesinnung oder die „Art der Ausführung“ abzuwägen, er muss auch Vorleben und das Verhalten nach der Tat berücksichtigen.

Dazu gehört auch das Bemühen, Schaden wiedergutzumachen. Hat ein Täter Wiedergutmachung geleistet oder zumindest „ernsthaft erstrebt“, kommen sogar gesetzliche Milderungen in Betracht. Solches scheinen Torben und seine Anwälte versuchen zu wollen, der Angeklagte schickte einen Entschuldigungsbrief und machte jüngst ein Angebot zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 7000 Euro. Ein Ansinnen, das die Nebenklage vehement ablehnt und damit offenbar auch den Zugang zu den Milderungsgründen versperren will. Die Reue sei nicht ehrlich, heißt es. Als Schmerzensgeld wird zudem mindestens das Doppelte verlangt. (mit dapd)

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