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Berlin: Über Bande gespielt

Von Barbara Junge Am 15. Mai hatten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Stellvertreter Gregor Gysi (PDS) dem Kanzler ihre Bitte vorgetragen: Er möge doch, schlugen sie während der gemeinsamen Sitzung des Senats mit dem Bundeskabinett vor, eine Hauptstadtkommission zur künftigen Rolle Berlins in Deutschland initiieren.

Von Barbara Junge

Am 15. Mai hatten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Stellvertreter Gregor Gysi (PDS) dem Kanzler ihre Bitte vorgetragen: Er möge doch, schlugen sie während der gemeinsamen Sitzung des Senats mit dem Bundeskabinett vor, eine Hauptstadtkommission zur künftigen Rolle Berlins in Deutschland initiieren. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) versprach’s – und schlug der Hauptstadt am Sonntag die Einrichtung einer Hauptstadtkommission vor. Womit die eigentlich alte Idee von Gregor Gysi aus dem Wahlkampf des vergangenen Jahres jetzt höhere Weihen erhalten hat. Spiel über Bande.

Der rote Senat ringt in den vergangenen Wochen verstärkt um seine eigene Bestimmung jenseits der rigiden Konsolidierung des Haushalts. Eine Botschaft wollen SPD und PDS für die Hauptstadt entwickeln, damit die Bürger wenigstens wissen, wofür sie verzichten sollen. Zugleich hoffen die Landespolitiker noch immer auf auch stärkere finanzielle Hilfe durch den Bund.

Eine Hauptstadtkommission soll nun die verschiedenen Interessen bündeln. Diskutiert werden soll in einer solchen Kommission nach den Worten von Senatssprecher Michael Donnermeyer, „welche Rolle die Hauptstadt Berlin im föderalen System hat“. Berlin werde auch langfristig nicht eine Rolle wie London für England oder Paris für Frankreich einnehmen. Dennoch gebe es Diskussionsbedarf, wie sich andere Länder zu einer Hauptstadt Berlin stellten. Die Attraktivität, die Berlin heute schon etwa mit der Reichstagskuppel ausstrahle, solle sich auch auch politisch umsetzen. „Es geht uns um ein Hauptstadtbewusstsein“, sagt Donnermeyer. SPD-Chef Peter Strieder formulierte die Aufgabe der Kommission so: „Was bedeutet die Hauptstadt der Republik und was bedeutet Deutschland der Hauptstadt?“

Neben der intellektuellen Debatte soll es aber auch ums Handfeste gehen. Was Berlin den anderen Bundesländern bedeutet, hat die Berliner Politik in der Vergangenheit stets an den finanziellen Transferleistungen festgemacht. „Geld ist immer eine relevante Frage“, sagte Donnermeyer am Montag. Die Kommission diene aber nicht primär dazu, Finanzfragen zu klären. „Es geht nicht in erster Linie um konkrete Haushaltspolitik.“

Nach der Vorstellung des Senats könnte die Kommission – der Senatssprecher nennt sie „Rat der Hauptstadt“ oder Hauptstadtrat“ – bei Bundespräsident Johannes Rau angesiedelt werden. Jener wurde in einem Frühstadium der Idee schon einmal konsultiert, es haben jedoch noch keine konkreteren Gespräche stattgefunden. Über die Form eines solchen Forums oder Rats will sich der Senat deshalb noch nicht auslassen, man wolle Rau, so er denn die Initiative übernehme, nicht vorgreifen.

Um das Niveau der Debatte von Beginn an zu sichern, haben die Berliner vorgeschlagen, zwei anerkannte Vordenker, die zugleich ehemalige Regierende Bürgermeister Berlins sind, mit der Moderation zu betrauen. Der SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel (Bürgermeister für ein halbes Jahr 1981) und sein Nachfolger im Amt, der CDU-Politiker Richard von Weizsäcker, sind die Wunschkandidaten des Senats.

Angesichts der enormen Finanzprobleme des Landes plädierte der Bundeskanzler am Sonntag außerdem für die Länderfusion Berlin-Brandenburg. Die rote Koalition hat einen neuen Anlauf für die Fusion in ihrer Koalitionsvereinbarung festgehalten. Brandenburgs Innenminister und CDU-Chef Jörg Schönbohm sagte am Montag jedoch, Berlin müsse seine Hausaufgaben machen und die Schulden in den Griff bekommen, bevor die Länder einen neuen Volksentscheid in die Wege leiten könnten.

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