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Umweltzone

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Umweltzone: Weniger Feinstaub, aber dicke Luft

Die Einführung der Umweltzone verbessert die Luftqualität in der Stadt, die Feinstaubbelastung ist merklich zurückgegangen. Auch die erwartete Pleitewelle blieb aus. Doch die für 2010 geplante Verschärfung der Richtlinien könnte für viele Unternehmen der "letzte Sargnagel" sein.

Ein halbes Jahr nach Einführung der Umweltzone ist die Berliner Luft zwar nicht rein, aber sie ist besser geworden: Der Grenzwert für die Feinstaubbelastung ist seit Jahresbeginn an allen Luftmessstellen nur höchstens halb so oft überschritten worden wie in der ersten Jahreshälfte 2007. Am schlechtesten steht mit bisher neun Überschreitungstagen (erstes Halbjahr 2007: 18 Tage) die Frankfurter Allee da. Maximal 35 Überschreitungen pro Jahr erlaubt die EU. Da der Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft seit März an keiner Messstelle mehr überschritten wurde, könnte Berlin das vorgegebene Limit in diesem Jahr durchaus einhalten.

Wie viel davon wirklich der Umweltzone zu verdanken ist, wagt die Verwaltung von Senatorin Katrin Lompscher (Linke) noch nicht zu beurteilen. Denn ein Großteil der Belastung hängt vom Wetter ab: Ostwind und kalte Wintertage erhöhen das Risiko, Westwind und Regen senken die Belastung. Frühestens nach einem Jahr will die Umweltverwaltung deshalb eine Bilanz ziehen.

Klarer ist der Trend bei denen, die wegen fehlender Umweltplaketten ein Bußgeld bezahlen mussten: Mehr als 14 000 Verfahren wurden bisher eingeleitet, rund 9000 davon trafen Auswärtige, und die meisten wurden im Februar, also gleich nach Ablauf der Gnadenfrist, erwischt. Zum Vergleich: In der (viel kleineren) Umweltzone von Hannover wurden bisher noch nicht einmal 40 Plakettensünder registriert.

Die von Wirtschaftsverbänden prophezeite Pleitewelle ist offenbar ausgeblieben. Der Industrie- und Handelskammer (IHK) ist nach Auskunft von Sprecher Holger Lunau kein Fall bekannt, in dem ein Unternehmer allein wegen der Fahrverbote aufgeben musste. Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, weiß zwar ebenfalls nicht von spektakulären Pleiten, aber: „Für einzelne Betriebe, die ohnehin in Schwierigkeiten steckten, waren die Fahrverbote sicher der letzte Sargnagel.“ Die IHK moniert, dass die Einzelausnahmen für alte Stinker in Berlin nicht nur besonders teuer waren, sondern auch in anderen Städten mit Umweltzonen nicht gelten.

Einig sind sich die Wirtschaftsverbände, dass es 2010 noch schlimmer wird: Dann sollen auch die Fahrzeuge mit roten und gelben Plaketten ausgesperrt werden – also die große Mehrheit der Last- und Lieferwagen. Viele der 96 000 verkauften gelben Plaketten kleben in Fahrzeugen, die noch keine drei Jahre alt sind – und damit auch im Jahr 2010 noch lange nicht schrottreif. Viele werden noch nicht einmal abgeschrieben sein, was Ersatzkäufe für betroffene Unternehmer noch teurer machen würde. Die Verwaltung sondiert zurzeit den Filtermarkt, um herauszufinden, wie viele Autos sich durch zusätzliche Technik von gelben auf grüne Plaketten nachrüsten lassen. Wittke ist überzeugt, dass es längst nicht alle sein werden und warnt: „Der Druck im Kessel wird bald deutlich zunehmen.“

Dem Senat ist das Problem bewusst, aber er steckt in einem Dilemma: Dieselautos – auch die mit gelben Plaketten – sind die Hauptverursacher von Stickoxiden. Weil die ebenfalls giftig sind, schreibt die EU ab 2010 auch dafür einen Grenzwert vor. Und der wird bisher an fast allen Berliner Hauptstraßen deutlich überschritten. Nach Auskunft der Umweltverwaltung soll bis Anfang Dezember ein Ausweg aus dem Dilemma gefunden werden.

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