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Berlin: Umzugspläne ohne Risiko

Viele Landesparlamentarier wollen in den Bundestag

Knapp ein Jahr vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus lichten sich bereits die Reihen. Viele Berliner Parlamentarier zieht es in den Bundestag, weil sie eine neue Herausforderung suchen. Der vorgezogene Wahltermin kommt da gerade recht. Wer sein Ziel verfehlt, kann sich im Herbst 2006 erneut um ein Mandat für das Landesparlament bewerben. Ursprünglich sollten beide Wahlen am selben Tag abgehalten werden.

Den größten personellen Aderlass muss die CDU-Fraktion verkraften, die voraussichtlich vier erfahrene Mitglieder einbüßt. Mit der Spitzenkandidatin der Berliner Union, Monika Grütters, verabschiedet sich eine profilierte Kultur- und Wissenschaftsexpertin. Auch Karl-Georg Wellmann als Fachmann für den Bereich Stadtentwicklung hat mit dem dritten Platz der Landesliste und als Direktkandidat in Steglitz-Zehlendorf gute Aussichten auf ein Ticket für den Bundestag. Gleiches gilt wohl für Vize-Fraktionschef Kai Wegner, der den fünften Listenplatz einnimmt und in Spandau direkt antritt.

Chancen auf den Einzug ins Reichstagsgebäude rechnet sich auch der gescheiterte Spitzenkandidat von 2001 und Ex-Fraktionschef Frank Steffel aus, der in seinem Heimatbezirk Reinickendorf um ein Direktmandat kämpft. Er muss sich unter anderen mit dem früheren SPD-Bezirksbürgermeister Detlef Dzembritzki auseinandersetzen. Bei der Bundestagswahl 2002 zogen sechs Berliner CDU-Mitglieder über die Landesliste in den Bundestag ein.

Die Berliner Grünen müssen auf ihre langjährige Fraktionschefin Sibyll Klotz verzichten. Die 44-Jährige ist mit dem dritten Listenplatz gut abgesichert, selbst wenn sie ihr angestrebtes Direktmandat in Neukölln nicht gewinnen kann. Eher geringe Chancen dürfte dagegen der Bildungsexperte der Grünen-Fraktion, Özcan Mutlu, haben, der auf dem vierten Listenplatz steht. Er käme wohl nur zum Zuge, wenn der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele sein Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg nicht verteidigen sollte. Derzeit sitzen vier grüne Abgeordnete aus Berlin im Bundestag.

Die PDS hat wegen der überraschend guten Umfragewerte für das Linksbündnis mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) Oberwasser. Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich, der seinen bisher angepeilten vierten Listenplatz an den parteilosen Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin, abtreten will, rechnet sich inzwischen sogar Chancen auf den Gewinn des Direktmandats in Pankow aus. Dort tritt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse für die SPD an, der auch die Landesliste anführen soll. Liebich gründet seine Hoffnung auch auf vergangene PDS-Erfolge. Immerhin musste sich Thierse bereits 1994 und 1998 den damaligen PDS-Kandidaten – dem parteilosen Schriftsteller Stefan Heym und der PDS-Politikerin Petra Pau – geschlagen geben. Pau und Gesine Lötzsch sind derzeit die einzigen PDS-Vertreter im Bundestag. Gewählt werden die Kandidaten am kommenden Wochenende.

Zumindest personell unberührt bleibt die SPD-Fraktion vom Ausgang der Bundestagswahl. Für die Sozialdemokraten, deren Kandidaten ebenfalls am nächsten Wochenende gekürt werden, gehen mit der Aussicht auf Erfolg ausschließlich Nicht-Mitglieder des Abgeordnetenhauses ins Rennen. Wer scheitert und in der Politik bleiben will, könnte sich 2006 immerhin noch um ein Mandat für das Landesparlament bewerben. Angesichts der Umfragewerte ist es zurzeit fraglich, ob die SPD erneut neun Berliner Abgeordnete in den Bundestag entsenden kann.

Auch der FDP-Fraktion stehen am 18. September keine Abgänge ins Haus. Für die einzigen aussichtsreichen Listenplätze kandidieren wieder die Bundestagsabgeordneten Markus Löning, zugleich Landeschef, und Hellmut Königshaus, der 2004 für den verstorbenen Ex-Bundeswirtschaftsminister und früheren FDP-Landeschef Günther Rexrodt nachgerückt war.

Christina Schulte (ddp)

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