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Berlin: Und der Zukunft wieder zugewandt Spürbare Erleichterung in der PDS-Spitze nach der Zustimmung der Parteibasis zur rot-roten Politik

So viel gute Laune war in den Räumen der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus seit dem Bundestagsdebakel im vergangenen Herbst nicht mehr zu spüren. Die neue Leichtigkeit hat einen simplen Grund: Am vergangenen Samstag hat auch die Basis der Sozialisten bewiesen, dass sie den Wandel von der Protest- zur Regierungspartei vollzogen hat.

So viel gute Laune war in den Räumen der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus seit dem Bundestagsdebakel im vergangenen Herbst nicht mehr zu spüren. Die neue Leichtigkeit hat einen simplen Grund: Am vergangenen Samstag hat auch die Basis der Sozialisten bewiesen, dass sie den Wandel von der Protest- zur Regierungspartei vollzogen hat. Mehr als 80 Prozent Zustimmung gab es auf dem PDS-Parteitag für den Leitantrag des Partei- und Fraktionsvorsitzenden Stefan Liebich.

Die unerwartet große Unterstützung der Parteibasis für den Kurs der rot-roten Koalition hat einen Alpdruck von den Spitzengenossen genommen. Von Liebich etwa oder von Wirtschaftssenator Harald Wolf. Nach vielen Monaten der Bedrängnis und Kritik aus den eigenen Reihen fühlen sich die Mandats- und Funktionsträger der PDS für ihre Politik legitimiert.

Der Parteitag galt selbst der SPD als Nagelprobe, wie tauglich Wolf & Co. für den harten Sparkurs sind. Am Dienstag, zur Senatssitzung, begrüßte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den „großen Sieger" Liebich und klopfte ihm jovial auf die Schulter. So ganz sicher, ob der junge PDS-Chef es schaffen würde, seine Partei bei der Stange zu halten, war sich die SPD nicht gewesen. Sicherheitshalber ließ sich SPD- Chef Peter Strieder am Samstag auf dem Laufenden halten. Und aus der Schweiz hatte sich am Samstag Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) per Telefon gemeldet. Um zu hören, ob sie ihren Ski-Urlaub abbrechen muss. Eine kleine Regierungskrise schien nicht ausgeschlossen.

Die Sorge war nicht unberechtigt. Nach genau einem Jahr Regierungsbeteiligung hatte die PDS am vergangenen Wochenende erstmals die Basis zur Abstimmung gebeten. Reihenweise musste die PDS ihrer eigenen Klientel in diesem einen Jahr soziale Grausamkeiten zumuten. Unterdessen zerfleischte sich die Bundespartei nach den verheerenden Bundestagswahlergebnissen selbst - und wählte mit Gabi Zimmer eine Gegnerin von Rot-Rot zu ihrer Vorsitzenden. Zudem hatte ein nach der Bundestagswahl befreit agierender Klaus Wowereit einen Kurs der sozialen Grausamkeiten und gegen die Gewerkschaften forciert. Auf zahlreichen Basiskonferenzen, bei der PDS liebevoll Gruselkabinette genannt, trafen sich in den vergangenen Monaten jeweils bis zu 500 Genossen und beklagten, „dass wir nicht in die lichte Zukunft des Sozialismus aufbrechen". Und wenige Tage vor dem Parteitag unterlag Stefan Liebich in der eigenen Fraktion auch noch knapp mit seiner Position zur staatlichen Finanzierung des geplanten Großflughafens in Schönefeld.

Erlösung hat den zitternden Genossen erst Ellen Brombacher beschert, ausgerechnet eine Vertreterin der Kommunistischen Plattform in der PDS. Als die scharfe Kritikerin der Modernisierer am Samstag auf dem Parteitag ans Mikrophon trat und dem Führungsteam bescheinigte: „In dieser Situation kann das wahrscheinlich niemand besser machen als Ihr", da verbuchten Liebich und die anderen Genossen in der ersten Reihe bereits den Sieg auf ihrer Seite. Brombacher fügte hinzu, dass man angesichts dessen, was real möglich sei, eigentlich gar nicht erst mit regieren dürfe. Aber da hörten die erleichterten Spitzensozialisten schon nicht mehr richtig hin.

Wie groß die Angst war, haben die meisten erst nach dem Parteitag festgestellt. „Ich habe mit einer Mehrheit gerechnet“, versichert Liebich zwar. Doch wie groß diese Mehrheit sein würde - und ob sie als Legitimation für die Fortsetzung der Koalition ausreichen würde - „das war mir nicht klar".

Die neue Stärke der PDS-Führung soll die Stadt jetzt zu spüren bekommen. Im Konflikt mit den Gewerkschaften – immerhin hat der Parteitag auch diese Linie bestätigt – „werden wir eine wahrnehmbarere Rolle spielen", kündigte der Abgeordnete Marian Krüger an. Gleiches gilt für den Regierungspartner. „Unser Selbstbewußtsein ist gewachsen", versichert Liebich, „auch bei unserem Agieren in der Koalition". Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat die neuen Grausamkeiten, die er im Doppelhaushalt für 2004 und 2005 verordnen will, schon senatsintern vorgestellt. „Wir sind jetzt gestärkt", kommentiert dazu die PDS-Spitze. Im Doppelhaushalt werde das wichtig.

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