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Berlin: Und die Fans feierten Fußball-Fiesta

Deutschland besiegt Kamerun, und Berlin hält den Atem an. Während des Spiels waren die Straßen deutlich leerer als sonst.

Deutschland besiegt Kamerun, und Berlin hält den Atem an. Während des Spiels waren die Straßen deutlich leerer als sonst. In den Geschäften langweilten sich die Verkäufer. Nur die Touristen sorgten dafür, dass die Stadt nicht vollkommen verödete. In ganz Zehlendorf fiel kurz vor dem Spiel der Strom aus. Die Techniker konnten den Fehler gerade noch rechtzeitig beheben. Fußballfieber auch im Roten Rathaus: Die Senatssitzung wurde zeitlich vorgezogen. Senatssprecher Michael Donnermeyer lud nach der Pressekonferenz Journalisten und Mitarbeiter zum Fußballschauen in sein Arbeitszimmer.

Im Eiscafé La Fontana direkt am Europa-Center bewachen vier Kellner eine Armada leerer Plastikstühle. Einer ist Rami Jean aus Kamerun. Sein Chef hat ihm erlaubt, alle paar Minuten ins Untergeschoss zu gehen, wo ein Fernseher läuft. Zu tun gibt es sowieso nichts. An der Gedächtniskirche wartet Birgit Eick von der Berlin City-Tour auf Gäste. Die nächste Stadtrundfahrt ist für 14 Uhr angesetzt - ein waghalsiger Termin. „Sie können ja nochmal vorbeikommen und die zwei Leute fotografieren, die mitfahren.“ Hauptsache, der Busfahrer kommt bis dahin wieder. Der hatte sich vor ein paar Minuten in die Elektroabteilung von Wertheim verabschiedet. Der erste Tourist nähert sich mit Stadtplan. In Frau Eicks Gesicht keimt Hoffnung auf. Doch der Mann sucht nur verzweifelt nach einer brauchbaren WM-Leinwand. Frau Eick schickt ihn in die Pizzeria im Europa-Center.

Die Buden an der Gedächtniskirche haben die Deutschland-Fähnchen gehisst. Susanne Mühling verkauft hier normalerweise Hot Dogs. Heute sind nur Tore gefragt – aber auch da kann sie weiterhelfen. Bei ihrem Nachbarn, der T-Shirts verkauft, läuft ein kleiner Fernseher. Die Umsatzeinbußen nimmt sie in Kauf – dafür kann sie schließlich in Ruhe Fußball gucken. Entspannte WM-Atmosphäre herrscht auch im Café Kranzler. Der Fernseher läuft ohne Ton, aber die Damen sind ins private Gespräch vertieft. Normalerweise sei der Fernseher aus, sagt Kellnerin Jeanette Hanusa, aber zur WM habe man mal eine Ausnahme gemacht. Beschwerden seien noch nicht eingegangen. Im Biersalon gegenüber sieht es ganz anders aus. An der Bar drängeln sich Scharen von Männern und verfolgen konzentriert das andauernde 0 : 0. Draußen sitzen die Halbinteressierten mit dem Gesicht zur Straße und dem halben Ohr an den Lautsprechern.

Im Kaufhaus Wertheim dominiert die fußballresistente Damenliga. Die Abteilungen Parfüm, Schmuck und Accessoires sind leidlich gefüllt, bei den Herren sieht es dagegen völlig mau aus. An der Kasse des Schneidershops steht ein Verkäufer und dementiert, dass der Laden wegen der WM so leergefegt ist. „Das war vor der WM auch nicht anders.“

Im Rathaus wiederum zeigen sich allesamt als Fußballprofis und kommentieren jeden Spielzug. An Fernsehmoderator Rudi Cerne lassen sie kein gutes Haar. Und als Günter Kolodziej (PDS), der stellvertretende Senatssprecher, während des Spiels rausgerufen wird, mault er frotzelnd unter Verweis auf seinen SPD-Kollegen: „Wieso denn ich, der Donnermeyer ist doch der Sprecher.“

Nach dem Sieg der Deutschen zogen viele Fans wie stets in Richtung Kurfürstendamm – hupend fuhren sie auf und ab und schwenkten begeistert Deutschland-Fahnen aus den Autos.loy / sib / vv

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