zum Hauptinhalt

Berlin: Und wieder fährt sie mit ihrem Theo nach Lodz

Zum Bühnenjubiläum startet Vicky Leandros eine Tournee – auch gen Berlin. Seit 40 Jahren ist sie im Geschäft, aber zehn Jahre war sie nur für ihre Kinder da

Nach einem Grand Prix, der Deutschland auf dem letzten und Griechenland auf dem ersten Platz sah, muss eine Begegnung mit Vicky Leandros wie Balsam wirken. Wie eine Klammer, die alles wieder zusammenfügt, was in Unordnung ist in der schönen heilen Schlagerwelt. Dabei geht es bei ihrem Auftritt im Kleinen Wintergarten des Adlon gar nicht um den Grand Prix. Den hat sie zwar auch schon gewonnen, 1972 mit „Après Toi“ (zu Deutsch „Dann kamst Du“), allerdings für Luxemburg. So wie sich die Fotografen schon eine halbe Stunde, bevor sie erscheint, um den Tisch drängen, an dem sie Platz nehmen wird, sollte man meinen, das wäre erst gestern gewesen. Schlappe 33 Jahre, nun ja. Besonders seltsam ist der Anblick, wenn man bedenkt, wie sie in den letzten Jahren immer wieder bei gesellschaftlichen Events, Ladies Lunches zum Beispiel, relativ unbehelligt aufgetreten ist, wie eine Dame der Gesellschaft, die sie, verheiratet mit einem Freiherrn von Ruffin, ja auch war, solange die Ehe hielt. Stopp! Das streift jetzt das Privatleben, und Fragen danach sind streng verboten.

Nach ihrem 30-jährigen Bühnenjubiläum hingegen darf man fragen, nach Herzenslust. Seit 1965 ist sie im Geschäft, startete durch mit „Messer, Gabel, Schere, Licht“. Eigentlich wären das ja 40 Jahre, aber – nun muss leider das Privatleben doch noch mal erwähnt werden – zehn Jahre lang legte sie eine Familienpause ein, den drei Kindern Leandrak, Milena und Sandra zuliebe.

Insofern ist diese Begegnung nicht nur Balsam für die Schlagerfans, sondern auch für alle, die sich Sorgen machen um die Karrierechancen von Frauen und Müttern. Über 400 Alben, rechnet sie vor, hat sie in ihrer Karriere gemacht. Ein sehr ernster junger Mann betet wie eine Litanei ihre größten Erfolge herunter, sie lauscht mit schmalem, ernstem Gesicht. Nur einmal leuchtet ein Lächeln auf, als er „Theo, wir fahrn nach Lodz“ erwähnt. Die gute 70er-Jahre-Hymne auf den großen Aufbruch !

30 Jahre später kommt sie wieder. Hat das feine Lunch-Kostüm gegen eine enge Jeans und ein schickes weißes Top mit Glitzerrand vertauscht. Inzwischen pendelt sie zwischen Hamburg und Berlin, wo sie viele Freunde hat. Während sie auf der Bühne sitzt, klingelt in ihrer mit weißen Blumen besetzten Handtasche das Handy. „Oh, James Bond ruft an!“, sagt sie lächelnd und schaltet es aus. Die Zeiten, da der berufliche Erfolg zwischendurch mal warten musste auf Familienangelegenheiten, scheinen vorbei zu sein, jetzt hat er Top-Priorität. Dies ist der Tag, an dem der Vorverkauf für die große Jubiläumstournee startet, die sie am 5. März nächsten Jahres auch nach Berlin ins ICC führt (Ticket-Hotline 0341-9800098). Die Arbeit an einer neuen Doppel-CD ist offenbar voll im Gange. Und jetzt muss sie die Kameras noch mal kurz zum Klicken bringen, als sie einem DRK-Arzt, der während der Tsunami-Katastrophe in Südostasien geholfen hat, stellvertretend für andere ebenfalls eingeladene Helfer ein Gratisticket für ihr Konzert überreicht.

Die ersten Bühnenerfahrungen sammelte sie in Kanada. Schon als Schülerin trat sie in Japan auf und war fasziniert. Im Alter von sechs Jahren folgte die Griechin 1958 ihrem Vater Leo Leandros, selbst Schlagersänger und Produzent, nach Hamburg. Dem Debüt 1965 folgten Ohrwürmer ohne Ende, zum Beispiel „Ich hab’ die Liebe geseh’n“, eine Nummer von Mikis Theodorakis. Es gab auch Tiefpunkte, aber die hinderten sie nicht daran, über 40 Millionen Tonträger weltweit zu verkaufen. Griechenland hin, Deutschland her, am liebsten singt sie auf Französisch.

Als ein langer Applaus nach der deutschen Version des Titanic-Songs sie selber mal zum Weinen brachte, zückte ein fremder Mann ein großes weißes Taschentuch und wischte ihre Tränen einfach weg. Die Bühne, der Kontakt zum Publikum, sagt sie mehrfach, seien das Wichtigste für sie. In ihrem aufregenden Beruf könne man niemals vorher wissen, ob man Erfolg hat. Und wie würde sie den Grand Prix kommentieren? „Den konnte ich leider im Fernsehen nicht sehen“, sagt sie. „Ich musste arbeiten am Samstag.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false