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"Miete essen Seele auf": Der Slogan auf diesem Protestplakat am Kottbusser Tor deutet darauf hin, dass es bei Mieterhöhungen oft auch um die Existenz geht.

© Stephanie Pilick/dpa

Urteil zum Mietspiegel 2009 in Berlin: Vermieter können ortsübliche Miete per Gutachten ermitteln

Das Landgericht Berlin hat den Mietspiegel 2009 erstmals als "nicht qualifiziert" bezeichnet und einem Vermieter erlaubt, die höhere "ortsübliche Miete" durch einen Gutachter feststellen zu lassen. Der Mieterverein ruft nach der Politik.

Der Mietspiegel bietet keine verlässliche Grundlage mehr für die Einschätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Zu dieser Einschätzung müssen Mieter und Vermieter nach dem neuesten Urteil der 63. Kammer des Landgerichts kommen.

Diese hat in einem Streit um die angemessene Miete für eine Wohnung zugunsten der Vermieter geurteilt (Aktenzeichen: VIII ZR 46/12). In diesem Fall ging es um den Mietspiegel 2009. Dieser gilt nicht. Und deshalb darf die höhere „ortsübliche Miete“ mit Hilfe eines Gutachtens individuell für die Wohnung ermittelt werden.

Bemerkenswert ist dieses Urteil, weil nun erstmals eine Kammer des Landgerichts den Mietspiegel als „nicht qualifiziert“ bezeichnet. Dabei folgte das Landgericht der Einschätzung desselben Gutachters, der bereits am 11. Mai die Richter des Amtsgerichts überzeugte (Aktenzeichen: 235C133/13), dass der Berliner Mietspiegel nicht qualifiziert sei.

Der Streit hält im konkreten Fall des Landgerichts schon länger an: Zunächst hatten Amts- und Landgericht zugunsten von Mietern den Mietspiegel als Instrument zur Erhebung der Vergleichsmiete anerkannt. Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof aber wieder aufgehoben.

Urteil mit wegweisender Bedeutung

Deshalb dürfte dem neuerlichen Urteil des Landgerichts vom 17. Juli, das jetzt bekannt wurde, eine wegweisende Bedeutung zukommen. Der Berliner Mieterverein jedenfalls kommentiert den Richterspruch damit, dass nun „dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um die zumeist von den Kommunen finanzierten Mietspiegel zu schützen“, so Geschäftsführer Reiner Wild.

Fällt der Mietspiegel als Instrument zur Überprüfung von Mieterhöhungen weg, können Vermieter mit Hilfe von Gutachtern auf teuer vermietete Wohnungen in der Nachbarschaft hinweisen und stärkere Mieterhöhungen durchsetzen als bisher, etwa in den schick gewordenen Arbeitervierteln.

Was den Berliner Wohnungsmarkt auch belastet: die Vermietung von Apartments als Ferienwohnungen über Airbnb und Co. Lesen Sie hier unser Mehr-Berlin-Dossier "Häuserkampf" über den Konflikt zwischen Mietern und Touristen.

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