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Berlin: Väterchen Frust

Will der Winter denn gar nicht enden?, fragen verzweifelt die Blumenhändler, Straßenbauer und WM-Folienkleber am Fernsehturm

Man muss auch das Positive sehen, trotz der Flocken: Die Eistaucher, Schlittenfahrer und privaten Schneeräumdienste profitieren. Die Gasag hat seit Januar zehn Prozent mehr Gas verkauft. Die Sauna am Europa-Center bietet Schneebaden auf der Dachterrasse und verzeichnet ein Kundenplus im März von 20 Prozent. Und sogar Eis-Hennig ist guter Dinge: „Wir verkaufen eben mehr heiße Suppen, Apfelstrudel und Milchkaffees. Ich habe mir geschworen, nie übers Wetter zu jammern“, sagt Norbert Hennig.

Dass der Winter seinen weißen Mantel wieder über die Stadt geworfen hat, ist für die meisten Berliner jedoch eine schwere Geduldsprüfung. Andreas Grille von „Rothe-Gartenbau“ in Zehlendorf wird seine Primeln, Hyazinthen und Vergissmeinnicht nicht los. „Die stehen wie angenagelt im Gewächshaus, blühen vor sich hin“, und wenn der Schnee nicht bald verschwindet, werden sie irgendwann ausgeblüht haben. „Es fehlen bislang rund 30 bis 40 Prozent Umsatz.“ Die Frühblüher werden normalerweise von Ende Februar bis Ende März verkauft. Im April beginnt schon die Balkonpflanzensaison

Sein Kollege Detlev Wegener von der gleichnamigen Gärtnerei in Britz ist noch etwas optimistischer. „Wenn es nächste Woche aufhört mit dem Winter, dann bin ich guter Hoffnung.“ Nur für die Primeln könnte die Zeit knapp werden.

Bei den Behörden hat man ganz andere Sorgen. Der WM-Zeitplan gerät durch den überlangen Winter ins Wanken. Auf der Baustelle Unter den Linden arbeiten die Handwerker bereits in beheizten Zelten; trotzdem geht alles langsamer voran als üblich. „Der Boden ist gefroren und die Steine sind eiskalt“, sagt Manuela Damianakis von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Auf den meisten WM-Baustellen werde die Zeit knapp.

Für die Baustelle am Breitscheidplatz wurden auch schon „Einhausungen“ bestellt, sagt Rembert Pischnick vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Dieser exponierte Platz solle auf jeden Fall zur WM fertig werden. Aber auch die Schlaglochpisten will Pischnick bis zur Ankunft der Fußballer beseitigt haben. „Wir werden den Arbeitseinsatz verstärken. Die Firmen wissen Bescheid.“ Durch das Zehn-Millionen-Euro-Sonderprogramm im vergangenen Jahr seien schon einige Strecken wie die Joachimstaler Straße oder die Waldschulallee saniert worden. Stark verzögert hat sich auch die Balldekoration am Fernsehturm. Eigentlich wollte man längst fertig sein, aber geschafft ist wegen Kälte und Nässe bis jetzt nur die Hälfte der Folienfläche. „Wir nutzen jeden Tag, der geht“, sagt Andreas Schüler von der Firma „blowUp“. Meistens geht jedoch nichts, weil frostfreie Tage mit klarem Himmel gebraucht werden. Schüler weiß zwar nicht, wann der Turmball endlich fertig ist, aber bis zur WM „steht das Ding dicke“.

Damit steht fest: Der Winter kann uns die Weltmeisterschaft nicht versalzen. Und Eis isst man am besten auf der ITB in Messehalle 9c. Dort hat der Autovermieter Hertz Norbert Hennig beauftragt, jedem Besucher eine Freikugel zu spendieren. „Die Leute reißen sich hier ums Eis.“

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