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Blumen und Kerzen wurden in dem Waldstück an der Bärenlauchstraße abgelegt. An dieser Stelle war die junge Frau tot aufgefunden worden.

© Zinken/dpa

Update

Verbrannte Schwangere in Berlin-Adlershof: Verdächtiger Ex-Freund brachte Polizei auf die Spur

Der Ex-Lebensgefährte meldete seine hochschwangere Freundin nach der Tat selbst als vermisst. Maria P. fühlte sich zwar bedroht, eine Anzeige erstattete sie aber nicht bei der Polizei.

48 Stunden nach der Tat sitzen die beiden Tatverdächtigen zu dem grausigsten Verbrechen der letzten Jahre in Untersuchungshaft – ein schneller Erfolg für die achte Mordkommission. Die beiden Männer sollen eine 19-jährige hochschwangere Frau in der Köllnischen Heide, einem Waldstück in Adlershof, verbrannt haben, als sie noch lebte. Zuvor soll einer der beiden die Frau mit zwei Stichen in den Bauch schwer verletzt haben. Die Tat geschah am Donnerstagabend, entdeckt wurde die Leiche am Freitagmorgen von Spaziergängern.

Auf die Spur brachte die Polizei ausgerechnet einer der beiden Tatverdächtigen. Denn der Ex-Freund des Opfers hatte sich selbst am Freitag bei der Polizei gemeldet – um Maria P. als vermisst zu melden. Dabei soll er sich schnell so sehr in Widersprüche verstrickt haben, dass er festgenommen wurde. Ob der Ex-Freund auch der Vater des ungeborenen Kindes von Maria P. war, ist noch unklar. Wie berichtet, wurde am Sonnabend noch ein zweiter Tatverdächtiger festgenommen, ebenfalls 19 Jahre alt. Wie die Polizei ihm auf die Spur kam, ist noch unklar.

Die Polizei dementierte am Montag in scharfer Form Berichte, von Boulevardzeitungen, dass die junge Frau kurz vor ihrem Tod Anzeige erstattet haben soll, weil sie sich bedroht fühlte. "Es gab definitiv keine Anzeige", sagte ein Polizeisprecher am Rande des Innenausschusses. Allerdings hätten Verwandte und Freunde der Frau bei den Befragungen durch die Mordkommission berichtet, dass sich Maria P. bedroht fühlte von ihrem Ex-Freund. Die Behauptungen in Boulevardzeitungen bezeichnete der Polizeisprecher als Frechheit. Polizeipräsident Klaus Kandt sagte am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, dass er sicher sei, dass der Fall schnell und vollständig aufgeklärt werde. Angabe zum Stand der Ermittlungen machte Kandt, wie üblich, unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.

Nach Jugendstrafrecht drohen den Tätern bei Mord maximal 15 Jahre

Gegen die beiden jungen Männer wurden am Samstagabend Haftbefehle erlassen wegen gemeinschaftlichen Mordes und gemeinschaftlichen Schwangerschaftsabbruchs. Beiden Heranwachsenden droht nach Jugendstrafrecht die Maximalstrafe bei Mord: 15 Jahre. Höher kann das Strafmaß nicht ausfallen; die Strafe für den Tatvorwurf Schwangerschaftsabbruch kann nicht addiert werden. Die Höchstgrenze gibt es erst seit September 2012, zuvor belief sie sich auf 10 Jahre. Verhängt werden können 15 Jahre nur, „wenn dies wegen besonderer Schwere der Schuld erforderlich ist“, wie es in der Neufassung des Jugendgerichtsgesetzes heißt.

Bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren muss das Gericht entscheiden, ob es Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anwendet. Die Entscheidung richtet sich danach, ob der Angeklagte zur Tatzeit nach seinem Reifegrad eher wie ein Jugendlicher anzusehen ist oder eher wie ein Erwachsener. Bei 19-Jährigen wird fast immer das mildere Jugendstrafrecht angewendet – „leider“, wie die Staatsanwaltschaft am Sonntag kommentierte.

Mitarbeiter der Gerichtsmedizin bringen die entdeckte Leiche zu ihrem Fahrzeug.
Mitarbeiter der Gerichtsmedizin bringen die entdeckte Leiche zu ihrem Fahrzeug.

© Zinken/dpa

Nach Erwachsenenrecht steht auf Mord lebenslang. Für eine ähnlich grausame Tat wurde letztes Jahr ein 52-Jähriger zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Jorge Q. hatte seine schlafende Freundin aus Eifersucht mit Spiritus übergossen und angezündet. Die Frau starb. So viel Grausamkeit hatte die Richter dazu bewogen, die „besondere Schwere der Schuld“ festzustellen. Dies verhindert eine vorzeitige Entlassung.

Im aktuellen Fall hat der Hauptbeschuldigte T. bei den Vernehmungen bisher geschwiegen, sein gleichaltriger Kumpel machte bei der Polizei „widersprüchliche Angaben“, die man „nur im weitesten Sinne“ als Geständnis werten könne, wie die Staatsanwaltschaft formulierte. T. ist der Justiz bislang nicht aufgefallen, sein Freund nur geringfügig. Beide sollen aus Neukölln stammen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass T. der Vater von Maria P.’s ungeborenem Kind ist, hieß es am Sonntag. Allerdings stehe ein gerichtsmedizinischer Beweis noch aus. Zum Motiv hieß es, dass T. das Kind nicht gewollt habe. Ob die Familie des Heranwachsenden Druck ausgeübt hat, sei unklar. Bislang gebe es darauf auch keine Hinweise.

Befürchtung: "Bärgida"-Demo könnte Tat thematisieren

Die Tat wird mittlerweile auch in ausländerfeindlich eingestellten Kreisen diskutiert. „Hier ein Bild von der jungen Frau die durch einen #Türken lebendig verbrannt wurde“, lautet beispielsweise ein Eintrag bei Twitter. Auf rechtspopulistischen Seiten sind Tatschilderungen veröffentlicht worden. Es wird befürchtet, dass die Tat auch bei der „Bärgida“-Demo am heutigen Montagabend thematisiert wird.

Wie der Ex-Freund von Maria P. seinen gleichaltrigen, deutschstämmigen Kumpel dazu brachte, bei dem Verbrechen mitzuwirken, ist ebenfalls offen. Möglicherweise ist die junge Frau mit Gewalt in den abgelegenen Wald verschleppt worden, in dem sie dann getötet wurde. Freiwillig gehe keine junge Frau, die kurz vor der Entbindung steht, mit ihrem Ex-Partner in den Wald, hieß es in Ermittlerkreisen. Details zu der Tat nannten Polizei und Justiz auch am Sonntag nicht, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Die laufen intensiv weiter, auch wenn die beiden Tatverdächtigen zunächst einmal bis zum ersten Haftprüfungstermin in Untersuchungshaft sitzen. Da der Anstifter zu dieser Tat schweigt, müssen ausreichend Beweise gesichert werden.

Bürgermeister Müller "schockiert über unfassbaren und grausamen Mord"

Derzeit werden Freunde und Bekannte befragt, die Mobiltelefone und Computer der beiden Tatverdächtigen werden ausgewertet. Außerdem ist eine Funkzellenanalyse angeordnet worden, um festzustellen, ob die beiden zur Tatzeit am Tatort waren.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) dankte der Polizei für „ihre intensiven Ermittlungen“. Am Rande der SPD-Fraktionsklausur in Leipzig sagte Müller, dass er „zutiefst schockiert über den unfassbaren und grausamen Mord“ sei. Die Täter seien mit äußerster Brutalität vorgegangen.

Wie berichtet, hatte die Obduktion ergeben, dass die Frau noch lebte, als sie angezündet wurde. In ihrer Lunge wurden Verbrennungsrückstände gefunden, was darauf schließen lässt, dass sie noch geatmet hat. Bevor das Opfer angezündet wurde, wurde mit einem Messer zweimal in ihren Unterleib gestochen, offenbar, um das Baby zu töten. „Ich bete für meine Schwester und hoffe das die namenlosen Hunde ihre gerechte Strafe bekommen“, schrieb der ältere Bruder des Opfers am Wochenende auf seiner Facebookseite.

Dass einer der Tatverdächtigen selbst zur Polizei ging, um Vermisstenanzeige zu stellen, verwundert Polizei und Justiz nicht. „Ein bekanntes Ablenkungsmanöver“, sagte ein Jurist. Und weiter: „Es ist unser Glück, dass viele Täter so dumm sind.“ (mit dpa)

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