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Verdacht auf falsche Abrechnung: Lebenshilfe Berlin hat womöglich zu Unrecht Zuwendungen bekommen

Es geht unter anderem um die Erstattung von Mietkosten. Der Senat prüft die Vorwürfe. Kenner des Sozialwesen fürchten einen Imageverlust - zu stark ist die Erinnerung an den Skandal um die Treberhilfe

Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales wird kontrollieren, ob die Lebenshilfe Berlin unrechtmäßig Zuwendungen in großer Höhe vom Land Berlin erhalten hat. Dies teilte die Pressesprecherin Regina Kneiding dem Tagesspiegel am Sonntag auf Anfrage mit. Die Sozialverwaltung werde Finanzen und Abrechnungen „unverzüglich prüfen“, sagte Kneiding. Bei den Vorwürfen geht es um Abrechnungen zwischen dem Träger und dem Land nach dem fürs Sozialwesen geltenden Berliner Rahmenvertrag. Es wird jetzt laut Senatsverwaltung geprüft, wie Mietkosten abgerechnet wurden.

Die Lebenshilfe Berlin engagiert sich als gemeinnützige Organisation für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Angehörigen. „Aus einem kleinen Elternselbsthilfe-Verein wurde in mehr als 50 Jahren eine Organisation mit mehr als 1300 Mitarbeitern an 200 Standorten“, heißt es in einer Selbstdarstellung. Auch zwischen dem Verein Lebenshilfe Berlin und der gemeinnützigen Lebenshilfe Gesellschaft gibt es Verträge, es werden etwa Kitas, Wohnheime und Betreuungseinrichtungen betrieben.

Bei den Vorwürfen geht es unter anderem um Mietverträge, die zwischen dem eingetragenen Verein Lebenshilfe e. V. als übergeordnetem Träger und einer gemeinnützigen Gmbh der Lebenshilfe abgeschlossen wurden. Möglicherweise hat das Land höhere Kosten erstattet, als in diesem Binnenverhältnis tatsächlich entstanden waren. In internen Senatsvermerken, die dem Tagesspiegel vorliegen, heißt es: „Die Gesellschafterstruktur und Mietverträge sind bekannt. Die Lebenshilfe gGmbH hat allein aufgrund des Abschlusses des Mietvertrages mit dem alleinigen Gesellschafter Lebenshilfe e. V. höhere Vergütungen beantragt. Laut BRV (Berliner Rahmenvertrag, die Redaktion) muss geprüft werden, ob es sich um eine konzernähnliche Verbindung handelt.“

Und weiter: „In diesem Fall können nur tatsächliche Aufwendungen des Vermieters geltend gemacht werden. Zwischen Lebenshilfe gGmbH und dem Land Berlin wurde dies im Rahmen eines Schiedsstellenverfahrens in 2012 nochmal bestätigt. Aus diesem Grund wurden in der Vergütung nur die tatsächlichen Aufwendungen – und nicht die fiktive Miete – berücksichtigt.“ Der Streit läuft demnach schon länger.

Bei der Lebenshilfe Berlin hieß es am Sonntag, man könne am Wochenende keine Stellungnahme zu den Vorwürfen geben, werde sich aber zu Wochenbeginn äußern.

Kenner des Sozialwesens in der Stadt befürchten nun nach dem Imageverlust durch die Finanzskandale beim Chef der Treberhilfe erneut einen Vorfall, der letztlich enorme Auswirkungen auf die Mitarbeiter und die Betreuten, also vor allem geistig Behinderte und Angehörige, haben könnte. Die Lebenshilfe Berlin ist eine Organisation mit mehr als 1600 Mitgliedern und 230 Freiwilligen. „Qualität, Innovation und Teilhabe prägen die Angebote für über 4500 Menschen mit Behinderung und ihre Familien“, heißt es in der Selbstbeschreibung einer der größten Berliner Sozialorganisationen weiter.

Bundesvorsitzende der Lebenshilfe ist die Bundestagsvizepräsidentin und SPD-Politikerin Ulla Schmidt. Erst Anfang Oktober hatte eine Tagung mit 400 Delegierten aus ganz Deutschland in Berlin stattgefunden.

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