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Verdacht auf Qualitätsmängel: Sozialsenatorin überprüft Leistungen der Treberhilfe

Die Sozialverwaltung hat Informationen über mangelhafte Arbeit der Treberhilfe erhalten. Senatorin Carola Bluhm (Linke) kritisiert, das Geschäftsgebaren verhindere jede Aufklärung. Nun geht die Verwaltung Hinweisen auf Qualitätsmängel nach.

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Die Sozialverwaltung hat Informationen über mangelhafte Arbeit der Treberhilfe erhalten. „Es gibt Hinweise auf eine schlechte Qualität der Leistung bei der Treberhilfe“, sagte Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) dem Tagesspiegel. Der gemeinnützige Verein solle bis Ende kommender Woche eine Stellungnahme dazu abgeben. Auf Nachfrage erklärte die Treberhilfe dieser Zeitung, ihr sei von Beanstandungen nichts bekannt. Bluhms Verwaltung prüft zurzeit, Zuwendungen an die Treberhilfe zu stoppen. Jährlich erhält der Verein 700 000 Euro für Beratungsprojekte und Straßensozialarbeit.

Die Sozialsenatorin kritisierte den Verein scharf. „Die Treberhilfe hat ein unmögliches Geschäftsgebaren, das jede Aufklärung verhindert“, sagte Bluhm. „In der Leitungsebene der Treberhilfe ist Selbstbedienungsmentalität offensichtlich.“ Sie betonte, die Arbeit der 280 Mitarbeiter für rund 3000 Hilfsbedürftige dürfe dessen ungeachtet nicht diskreditiert werden.

Vorwürfe der Opposition, das Land habe den Verein nicht kontrolliert, weist Bluhm von sich. Im Zuwendungsbereich hätten die Bezirke regelmäßig Nachweise über die Verwendung der Gelder erhalten. Rechtlich problematisch aber ist die Kontrolle im sogenannten Entgeltbereich. Das sind Kostensätze für soziale Dienstleistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht wie in der Jugend- und Berufshilfe oder im Pflegebereich. Jedes Land schließt darüber einen Rahmenvertrag mit der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin ab. Allein 2,3 Milliarden Euro zahlt das Land pro Jahr für soziale Dienstleistungen wie Tageskosten oder Fachleistungsstunden.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Juni 2008 sind Betriebskontrollen faktisch nicht möglich, da sie in das Grundrecht der Berufsausübung eingreifen. „Das Land Berlin wird eine Bundesratsinitiative für bessere Kontrollmöglichkeiten bei den freien Trägern starten. Bisher ist es nicht möglich, die Wirtschaftlichkeit bei den Anbietern zu prüfen“, kündigte Bluhm an.

Noch vor der Sommerpause wird der freiwillige Transparenz-Kodex für gemeinnützige und gewerbliche soziale Organisationen eingeführt. Darin enthalten sein sollen die personelle Trennung von operativem Geschäft und Kontrolle, ein qualifizierter Aufsichtsrat für größere Träger, die Verpflichtung, externe Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, die Offenlegung von Geschäftsführergehältern und die Möglichkeit des Ausschlusses von Organisationen aus dem Wohlfahrtsverband bei gravierenden Verstößen.

Der von der Treberhilfe beurlaubte Geschäftsführer Jens Fischer wehrt sich unterdessen gegen Vorwürfe, er habe sich geschäftsschädigend verhalten. Die Tochtergesellschaft Treberhilfe Brandenburg sei seiner Einschätzung nach „bereits zahlungsunfähig“. Auch die Treberhilfe Berlin befinde sich in einer „prekären Finanzlage“. Die Treberhilfe wies das zurück.

Die Mitarbeiter des freien Trägers sind zunehmend frustriert über das Gebahren der Treberhilfe-Führung. Intern kursiert ein Aufruf zu einer Protestaktion am 16. April auf dem Alexanderplatz. Dort soll „für Transparenz in der Sozialen Arbeit“ demonstriert werden. Die derzeitige Leitung der Treberhilfe will diese Aktion offenbar verhindern. „Es wird Druck ausgeübt. Mitarbeitern wurde mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht“, berichtete eine Angestellte dem Tagesspiegel. Viele Mitarbeiter seien verunsichert und gleichzeitig empört über das Vorgehen der Geschäftsführung. „Wir erhoffen uns Unterstützung durch die Politik und die Staatsanwaltschaft.“

Sabine Beikler / Thomas Loy

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