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Nahverkehr: Verhandlungen mit der S-Bahn stocken

Der Senat hat den Verkehrsvertrag bisher nicht gekündigt. Die S-Bahn will freiwillig keine Zugeständnisse machen, spart aber schon jetzt wieder zu Lasten der Fahrgäste. An Rhein und Ruhr war der Verkehrsverbund rigoroser - mit Erfolg.

Und sie bewegt sich nicht. Die S-Bahn kommt dem Senat bei den Nachverhandlungen zum Verkehrsvertrag nach Tagesspiegel-Informationen nur wenig entgegen. Fortschritte gibt es demnach noch nicht. In Berlin hat der Senat darauf verzichtet, den Vertrag zu kündigen. Er ist auf freiwillige Zugeständnisse der S-Bahn angewiesen. Erfolgreicher ist der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) vorgegangen. Er hatte 2008 den Vertrag mit der Bahn gekündigt und durchgesetzt, dass sich die Leistungen verbessern.

Der VRR hatte den Vertrag nach „groben Vertragsverletzungen“ fristlos gekündigt, weil die Bahn die zugesagten Standards im Sicherheitsdienst nicht eingehalten habe. Vor Gericht scheiterte aber die Kündigung; der VRR musste außerdem zurückgehaltenes Geld an die Bahn auszahlen. Außergerichtlich einigten sich der VRR und die Bahn aber darauf, ihren Vertrag zu modifizieren.

Die Bahn hat sich unter anderem verpflichtet, neue Fahrzeuge anzuschaffen und auf nachfragestarken Linien Züge mit mehr Wagen einzusetzen. Nach 19 Uhr werden S-Bahn-Linien „durch Sicherheits- und Servicekräfte betreut“. Auch die Strafzahlungen (Pönalen) für nicht erbrachte Leistungen wurden erhöht. Die Laufzeit des S-Bahn-Vertrags wurde dafür um fünf Jahre bis 2023 verlängert. In Berlin will der Senat in freiwilligen Nachverhandlungen mit der S-Bahn ebenfalls erreichen, dass die Zuglänge vorgeschrieben wird und die bisher begrenzten Strafzahlungen erhöht werden. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen schleppen sich die Gespräche jedoch hin, ohne dass eine Einigung in Sicht ist.

Auf eine fristlose Kündigung des Vertrags hat der Senat verzichtet, obwohl der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz, die enorm hohe Zahl der Zugausfälle als Vertragsbruch bezeichnet, was nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Claudia Hämmerling eine Kündigung gerechtfertigt hätte. Auch das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen hatte zwar entschieden, dass Verträge grundsätzlich einzuhalten seien, eine Kündigung komme aber in Betracht, „wenn der Kündigungsgrund so gewichtig sei, dass ein Festhalten am gesamten Vertrag den Vertragspartnern nicht mehr zugemutet werden könne“.

Auch nach einer Kündigung hätte die S-Bahn den Betrieb nicht einfach einstellen dürfen. In diesem Fall könnte der Senat ihr „auferlegen“, weiterzufahren – wie es der VRR praktiziert hatte.

Insider vermuten, dass der Senat die S-Bahn geschont hat, um das unter dem neuen Bahnchef Rüdiger Grube besser gewordene Verhältnis zwischen Land und Bahn nicht erneut zu belasten. Noch ist nicht einmal entschieden, ob der Betrieb nach Ablauf des Vertrags Ende 2017 ausgeschrieben oder ob der Vertrag mit der S-Bahn verlängert wird.

Dabei spart die S-Bahn bereits jetzt wieder auch zu Lasten der Fahrgäste. Obwohl sie immer noch nicht die benötigte Zahl von Fahrzeugen einsetzen kann, hat die S-Bahn bereits vor einer Woche den von ihr finanzierten Ersatzverkehr mit Regionalbahnen zwischen Ostbahnhof und Potsdam eingestellt und lässt dort wieder S-Bahnen fahren, die an anderen Stellen im Netz fehlen, wie der VBB und der Fahrgastverband Igeb monieren.

Und noch einen Unterschied gibt es zwischen dem Senat und dem VRR: Während der Vertrag mit der S-Bahn in Berlin „Staatsgeheimnis“ ist und der Senat den Abgeordneten erst jetzt Einsicht ermöglichen will, hat der VRR die Vereinbarung im EU-Amtsblatt veröffentlicht. In Berlin hat die Bahn noch nicht entschieden, ob sie den Vertragseinblick zulassen wird.

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