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Foto: Thilo Rückeis

© Kai-Uwe Heinrich TSP

Berlin: Versuchte Tötung vor Flüchtlingshaus

Nach Messerstecherei durchsucht Polizei besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule.

Von Sandra Dassler

Schon wieder gab es eine Messerstecherei in Kreuzberg, in die Bewohner der im Herbst 2012 von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule verwickelt waren. Und schon wieder wurde die Polizei von Sympathisanten der Flüchtlinge angefeindet: Die Beamten waren am Montag gegen 22 Uhr von Passanten alarmiert worden, nachdem ein 39-jähriger Mann aus Angola in der Ohlauer Straße, Ecke Reichenberger Straße schwere Stichverletzungen erlitten hatte.

Vorausgegangen war ein Streit zwischen fünf Männern, sagte ein Polizeisprecher. Danach flüchteten die Beteiligten auf das Gelände der von Asylbewerbern besetzten Gerhart-Hauptmann- Schule. Während der schwer verletzte 39-Jährige ärztlich versorgt und mit Verdacht auf eine lebensbedrohliche Lungenverletzung ins Krankenhaus gebracht wurde, verließ ein 23-jähriger Mann aus dem Tschad, der offenbar zuvor an der Auseinandersetzung beteiligt war, das Schulgelände wieder. Auch er wies laut Polizei leichte Schnittverletzungen auf und wurde ebenfalls ins Krankenhaus gebracht.

Aufgrund der unübersichtlichen Lage habe sich die Polizei entschlossen, die Schule zu betreten, sagte der Sprecher. „Es war ja nicht klar, ob die Auseinandersetzung im Gebäude weitergeht.“ Bei der Befragung zur Messerstecherei stellte sich der leicht verletzte 23-Jährige als Tatverdächtiger heraus. Er wurde nach ambulanter Versorgung festgenommen. Sowohl er als auch sein 39-jähriges Opfer sind für die Polizei keine Unbekannten und nach Tagesspiegel-Informationen unter anderem durch Drogendelikte im Görlitzer Park in Erscheinung getreten.

Während die Polizei in der Schule die Personalien von 66 Anwesenden feststellte, kam es vor dem polizeilich abgesicherten Heim zu einem Aufzug von etwa 100 Sympathisanten der Flüchtlinge. Sie sollen die Beamten beschimpft und auch bedrängt haben. Laut Polizei wurden Anzeigen wegen Widerstandes, Körperverletzung und Beleidigung gefertigt. Der für das Schulgebäude zuständige Immobilien-Stadtrat Hans Panhoff (Grüne) kam um 23.20 Uhr zum Ort des Geschehens. „Ich habe den Leuten gesagt, dass es nicht um Räumung, sondern um Maßnahmen nach einer Straftat geht“, sagte er. Danach sei es relativ ruhig zugegangen. Dennoch zogen die Sympathisanten nach Polizeiangaben erst gegen 3.30 Uhr ab.

Am Tatort waren Blutspuren entdeckt und ein Messer gefunden worden – eine Mordkommission ermittelt wegen versuchten Totschlags. Der verletzte Angolaner ist nicht mehr in Lebensgefahr.

Bereits im November war es auf dem Gelände an der Ohlauer Straße zu einer Messerstecherei gekommen, im April hatten sich vier Männer nach einem Überfall auf einen Imbiss in die Schule geflüchtet. Laut Polizei gab es hier seit der Besetzung 30 Polizeieinsätze.

Die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, sagte dem Tagesspiegel: „Die Idee der Flüchtlinge, die Schule selbst zu verwalten und auch selbst zu bewachen, ist wohl gescheitert.“ Trotzdem setzt Herrmann wie Stadtrat Hans Panhoff auf weitere Gespräche mit den Besetzern.

Innenminister Frank Henkel (CDU) sagte hingegen auf Nachfrage: „Frau Herrmann darf nicht tatenlos abwarten, bis sich das Gebäude zu einem sicherheitsrelevanten Brennpunkt entwickelt. Auch die hygienischen Zustände erfordern ihr Handeln. Dieses Problem lässt sich nicht aussitzen.“ Monika Herrmann kann darüber nur den Kopf schütteln: „Wenn hier jemand etwas aussitzt, ist es doch die Landesregierung, die für Flüchtlingspolitik entweder den Bund oder die Bezirke verantwortlich macht“, sagt sie. „Denn selbst wenn man ein Gebäude oder einen Platz räumt – die Menschen sind immer noch hier.“ Sandra Dassler

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