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Berlin: Verzicht auf rasche Fusion - Der Senat zeigt sich zu Kompromiss bereit

Im Streit um die Zukunft der Bucher Charité-Kliniken ist der Senat zum Kompromiss bereit. Das geht aus einem Papier der Wissenschaftsverwaltung hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Im Streit um die Zukunft der Bucher Charité-Kliniken ist der Senat zum Kompromiss bereit. Das geht aus einem Papier der Wissenschaftsverwaltung hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Darin wird vorgeschlagen, die für dieses Jahr vorgesehene Verschmelzung der universitären Robert-Rössle-(Krebs-) und Franz-Volhard-(Herz-Kreislauf-)Kliniken mit dem städtischen Bucher Krankenhaus, das vor der Privatisierung steht, zu verschieben. Mit der vorgezogenen Fusion sollte auf die Finanzkrise der Berliner Allgemeinen Ortskrankenkasse AOK reagiert und rasch Geld gespart werden.

Die Fusionspläne hatten den Protest der Bucher Forschungskliniken und des ebenfalls in Berlin-Buch gelegenen Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin hervorgerufen. Das Delbrück-Centrum hat in diesem Jahr 14 Millionen Mark an Forschungsmitteln in den Charité-Kliniken investiert. Zwar billigt man im Prinzip den Bettenabbau und die Fusion mit dem städtischen Krankenhaus, doch wehrt man sich gegen eine überstürzte Vereinigung und plädiert für einen schrittweisen Übergang unter die Obhut eines privaten Krankenhausbetreibers. Alles andere würde die Forschung gefährden, heißt es von Seiten der Kliniken und des Delbrück-Centrums.

Bei der Zusammenführung sollten ursprünglich 165 der 315 Krankenhausbetten abgebaut und knapp 60 Millionen Mark einspart werden. "Es bleibt beim Abbau der 165 Betten, davon 150 im Jahr 2000 und 15 später", heißt es nun im Senatspapier. Gleichzeitig geht der Senat bei Aussetzen der Fusion noch in diesem Jahr von einem Sparpotential von 48 Millionen Mark in Rössle- und Volhard-Klinik aus - rund zwölf Millionen weniger als erwartet. Dieses "Defizit" könne von den Krankenkassen erbracht werden, durch Einsparungen an anderer Stelle im Universitätsklinikum Charité oder durch "zeitlich begrenzte Deckung" des Kassenbudgets aus Mitteln der Charité und des Delbrück-Centrums.

Für Chefarzt Rainer Dietz von der Volhard-Klinik ist mit der verschobenen Fusion die größte Gefahr ausgestanden. "Ich hoffe, das die meisten jungen und gut ausgebildeten Mitarbeiter uns nun die Treue halten", sagt er mit Blick auf die bevorstehenden Einsparungen. Von einer "richtigen Grundidee" spricht Detlev Ganten, Leiter des Delbrück-Centrums. "Nun muss die Ausschreibung für das Klinikum Buch so schnell wie möglich beendet werden, so dass dann Verhandlungen mit dem neuen Träger geführt und stufenweise die weiteren Schritte erfolgen können." Ganten befürchtet, dass auch bei einer verringerten Sparsumme von nur noch 48 Millionen Mark "die Forschungsaktivitäten drastisch abfallen". Am Finanzieren des Zwölf-Millionen-Defizits werde sich das Delbrück-Centrum nicht beteiligen.

Ganz anders sieht Bernhard Motzkus, Verwaltungschef der Charité, die Situation: "Aus meiner Sicht wäre die Fusion noch in diesem Jahr der bessere Weg gewesen." Die Verschmelzung der Bucher Charité-Kliniken mit dem städtischen Krankenhaus hätte zu Einsparmöglichkeiten geführt, zum Beispiel durch gemeinsame diagnostische Einrichtungen, Intensivmedizin und Strahlentherapie. Und der ärztliche Direktor der Charité, Eckart Köttgen, gibt zu bedenken, dass das derzeitige Senatskonzept das finanzielle Risiko dem Universitätsklinikum zuschiebe - ganz abgesehen davon, dass die Krankenkassen noch nicht zugestimmt hätten: "Das ist so, als wenn man einen Kuchen backen will, ohne einen Bäcker zu haben."

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