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Villenprojekte: Schwanenwerder soll frei zugänglich bleiben

Berliner Abgeordnete sind sich einig: Die Insel Schwanenwerder soll wegen umstrittener Villenprojekte nicht zu einer "gated community" nach US-Vorbild werden.

Das Schild, das Fußgängern seit kurzem die Benutzung des Gehwegs gegenüber dem Aspen-Institut auf Schwanenwerder verbietet, steht dort laut Bezirksamt allein aus „haftungsrechtlichen Gründen“ und gilt nur für eine Straßenseite. Man kann die Havelinsel also noch als Spaziergänger betreten. Trotzdem wirkte das Schild am Mittwoch auf Berliner Abgeordnete wie ein Symbol für eine geschlossene Siedlung. Schwanenwerder dürfe keine „gated Community“ nach US-Vorbild werden, waren sich Mitglieder der Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr nach einem Rundgang einig.

Den Ortstermin hatte der CDU-Kulturexperte und Vize-Fraktionschef Michael Braun aus Zehlendorf angeregt. Denn seit Monaten wird um den geplanten Bau von vier Stadtvillen im Süden der Insel gestritten. Die rund 48 000 Quadratmeter großen Bauflächen machen fast ein Drittel der Insel aus, der Liegenschaftsfonds schätzt den möglichen Erlös auf sieben bis zehn Millionen Euro. Noch hat die Vermarktung nicht begonnen, weil der Flächennutzungsplan geändert werden muss. Seit Anfang der 80er Jahre handelt es sich um ein „Sondergebiet Jugenderholung“. Steglitz-Zehlendorf betreute dort Kinder und Jugendliche, gab die Anlage aber auf, nachdem 2002 zwei Jungen bei einem Sturm gestorben waren.

Anwohnern auf Schwanenwerder wäre es am liebsten, wenn die Grundstücke frei blieben. Die Insel sei bereits durch Neubauten „nachhaltig geschädigt“, argumentiert der Verein „Natura Havel“ um Ex-Polizeipräsident Georg Schertz. Die Einwände füllten im Bezirksamt bereits Aktenordner, sagte der Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD). Er sieht jedoch „keine Alternative“ zum Wohnungsbau, niemand habe Interesse an einer neuen öffentlichen Nutzung signalisiert. Daher habe man die Areale pflichtgemäß dem Liegenschaftsfonds übertragen.

Die Stadtvillen sollen im oberen Teil der Grundstücke entstehen und höchstens zwei Vollgeschosse haben. Am Ufer sind „private naturnahe Grünanlagen“ geplant. Zwischen den Parzellen liegt bereits ein Privatgrundstück, auf dem sich nichts ändert.

Die Fraktion der Linken im Abgeordnetenhaus lehne eine Bebauung ab, sagte deren Stadtentwicklungsexperte Thomas Flierl, der auch Vorsitzender des Ausschusses ist. Es könne in der rot-roten Landesregierung aber noch zum Kompromiss kommen. Eine Voraussetzung sei, dass die „historische Bedeutung“ Schwanenwerders als frühere Residenz von Nazifunktionären gezeigt werde – etwa durch Infostelen auf dem Gehweg.

Dies forderten auch Andreas Nachama von der Stiftung Topographie des Terrors und Norbert Kampe von der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Denn wo heute das Aspen-Institut steht, hatte einst Goebbels einen Sommersitz. Auch Albert Speer plante eine Villa, die nie gebaut wurde, und für Hitler war ein Grundstück reserviert. Auf einer der Parzellen residierte das NS-Frauenwerk („Reichsbräuteschule“). Jüdische Grundstückseigner wurden zum Verkauf oder zur Flucht gezwungen.

Wann das Parlament über die Änderung des Baurechts entscheiden wird, ist noch offen. Absehbar ist dagegen, dass die neueste Luxusvilla an der Inselstraße 34 demnächst bezogen wird. Anwohner führen das Projekt wegen seiner Gestaltung und Größe als Negativbeispiel für den architektonischen Wildwuchs auf der Insel an.

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