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Berlin: Vivantes macht mehr Gewinn als erwartet

Doch Politiker und Ärzte warnen vor schlechterer Patientenversorgung in dem Klinik-Konzern

Der landeseigene Klinik-Konzern Vivantes hat das Jahr 2004 mit einem besseren Ergebnis abgeschlossen als angenommen. Ursprünglich hatte das Unternehmen mit einem Plus von 1,6 Millionen Euro gerechnet. Nun gehen Insider von einem Überschuss von mindestens vier Millionen Euro aus. Auch der Vorsitzende der Vivantes-Geschäftsführung, Wolfgang Schäfer, spricht von einem „deutlich über den Erwartungen“ liegenden Ergebnis. Deshalb wird Vivantes dem Vernehmen nach den rund 12 000 Mitarbeitern auch die vereinbarte Erfolgsprämie von 300 Euro pro Kopf auszahlen. Ende April will das Unternehmen den Geschäftsabschluss 2004 offiziell vorlegen.

Vor einem Jahr noch stand der Konzern kurz vor der Pleite. Nur eine Finanzspritze des Landes und der Verzicht der Vivantes-Beschäftigten auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld rettete den Konzern und ermöglichte die Fortsetzung des Sanierungskurses. Inzwischen fragen sich aber immer mehr Menschen, ob die Ökonomisierung des Klinik-Konzerns nicht auch mit einer Verschlechterung der Behandlungsqualität erkauft wird. Ende März zum Beispiel schrieben die gesundheitspolitischen Sprecher der in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln vertretenen Fraktionen einen Brief an die Vivantes-Chefetage, weil sich viele Patienten des zum Unternehmen gehörenden Klinikums Neukölln über die Versorgung beschwert hätten.

Und auf einer Betriebsversammlung von Vivantes, die am Donnerstag im Tempodrom stattfand, zeigte sich, dass auch die Motivation der Mitarbeiter auf einem Tiefpunkt ist. Die Arbeitsbelastung auf vielen Stationen wachse durch den Personalabbau immer weiter, sagt Betriebsratschef Moritz Naujack. In diversen Briefen an die Geschäftsführung warnten Ärzte aus Vivantes-Kliniken vor einer Verschlechterung der Patientenversorgung. Der jüngste Brief wurde vor wenigen Tagen von rund 160 Ärzten des Neuköllner Klinikums unterzeichnet. Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) mahnte auf der Versammlung die Geschäftsführung, besser als bisher auf die Kritik aus den eigenen Reihen einzugehen. Gemeinsam müsse man daran arbeiten, das Image des öffentlichen Konzerns, der viel Gutes für die Krankenversorgung der Stadt leiste, zu verbessern.

Vivantes-Chef Schäfer verweist auf den Kostendruck, der auf allen deutschen Kliniken laste. „Darauf müssen wir reagieren.“ Die Behandlungsqualität aber werde darunter nicht leiden. Die Sorge der Neuköllner Parlamentarier resultiere offenbar aus „Unkenntnis“.

Jüngster Rückschlag für das Image ist der Tod eines Patienten auf der Rettungsstelle des Neuköllner Krankenhauses. Der Fall ereignete sich bereits im Dezember letzten Jahres, doch wurde er erst kürzlich bekannt. Ein 90-jähriger Mann hatte nach den ersten Untersuchungen mehrere Stunden in der Notaufnahme verbringen müssen und war dort wahrscheinlich an einem Herzinfarkt verstorben. Seine Tochter hatte wegen des ihr überlang erscheinenden Aufenthalts von sieben Stunden Anzeige gegen das Klinikum erstattet. Die Ermittlungen laufen, weshalb Schäfer keine Stellung zu dem Fall nehmen will. Den Vorwurf, dass Patienten in den Notaufnahmen des Konzerns generell zu lange warten müssten, weist die Geschäftsführung zurück. Im Durchschnitt seien die Patienten dort nach zweieinhalb Stunden versorgt. Man werde weiter in die Neuköllner Rettungsstelle, in der jährlich 100 000 Patienten versorgt werden, investieren. So soll es bald mehr Platz für die Wartenden geben.

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