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Berlin: Vogelfrei

warnt vor den kulturellen Folgen der Vogelgrippe Nur zu gerne wollen wir es glauben: Das mit der Vogelgrippe sei zwar misslich, aber man müsse die Gefahr für den Menschen nicht dramatisieren. Gelassenheit also an der medizinischen Front, die kulturellen Folgen freilich sind kaum abzuschätzen.

warnt vor den kulturellen Folgen der Vogelgrippe Nur zu gerne wollen wir es glauben: Das mit der Vogelgrippe sei zwar misslich, aber man müsse die Gefahr für den Menschen nicht dramatisieren. Gelassenheit also an der medizinischen Front, die kulturellen Folgen freilich sind kaum abzuschätzen. Sie dürften verheerend sein. Kann man etwa in der musischen Frühausbildung noch guten Gewissens das schöne alte Lied „Alle Vögel sind schon da“ lehren, ohne dass die lieben Kleinen schreiend unter die Tische fliehen? Solche ornithologischen Vorbehalte treffen auch die Hochkultur, mit Auswirkungen bis ins Programm der Musentempel. „Drum kann ich froh und lustig sein, denn alle Vögel sind ja mein“, schmettert Papageno in Mozarts „Zauberflöte“, aber nimmt ihm das heute Abend in der Staatsoper noch jemand ab? Auch der Wunsch des Vogelhändlers in Carl Zellers berühmter Operette („Schaut euch meine Vögel an, dass ich was verdienen kann“) ist heute nicht mehr als ein frommer, gänzlich unrealistischer Wunsch. Aristophanes’ „Die Vögel“wagt bald niemand mehr zu spielen, und betroffen sind auch die Berliner Märchentage, die heute ihr Programm vorstellen wollen, darunter Brisantes wie Andersens „Die wilden Schwäne“ oder „Das hässliche Entlein“. Auch „Nils Holgerson“ muss als bedenklich eingestuft werden, reist der Titelheld doch mit Wildgänsen. Dass seine Herde auf der bislang als unproblematisch angesehenen Nord-Süd-Achse reist, ist nur ein schwacher Trost.

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