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Berlin: Vogelgrippe: Ganz Berlin unter Beobachtung

Wegen einer Panne beim ersten Geflügelpest-Alarm gilt jetzt die gesamte Stadt als Sicherheitszone – mit weitreichenden Folgen

In Berlin gibt es die Geflügelpest – nur keiner weiß, wo genau der tote Vogel zu Boden gegangen ist. Weil der Fundort nicht mehr zu ermitteln ist, kann auch keine Sperrzone drumherum gezogen werden, und deshalb ist jetzt die ganze Stadt vorsorglich zur Geflügelpest-Beobachtungszone erklärt worden. Damit gelten kurz vor dem Osterfest strenge Vorschriften für den Transport von lebendem Geflügel sowie von Bruteiern (siehe Kasten). Hunde und Katzen dürfen aber in ganz Berlin wieder ohne Einschränkungen an die frische Luft.

Die Verwechslung war dem Ehepaar aufgefallen, das den Vogel im Garten gefunden hatte. Svend Simdorn kann der Panne etwas Positives abgewinnen. „Wir haben gezeigt, dass wir im Notfall sofort reagieren können und sehen das jetzt als eine Art Katastrophenschutzübung“, sagt der in Marzahn-Hellsdorf für Wohnen, Bauen, Bürgerdienste und Ordnung zuständige Bezirksstadtrat (CDU). Dass nun die ganze Stadt zum Beobachtungsgebiet erklärt wurde, wusste Simdorn gestern Nachmittag bereits. Dass aber auch in Marzahn-Hellersdorf Hunde wieder ohne Leine geführt und Katzen aus dem Haus gelassen werden dürfen, war dem Stadtrat noch nicht mitgeteilt worden.

Das Landeskrisenzentrum für Tierseuchenbekämpfung – zu dem Vertreter der Gesundheitsverwaltung, vom Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT) sowie Veterinäre der Bezirke gehören – mag dieses Detail über die gestrigen Krisenabsprachen vergessen haben. Denn zunächst einmal ging es darum, doch noch nachzuvollziehen, woher der Greifvogel nun stammt, den das Referenzinsitut auf der Ostseeinsel Riems derzeit noch darauf untersucht, ob er den asiatischen H5N1-Virus in sich trägt.

Bei der Feuerwehr hieß es, sie könne sich nicht erklären, warum der Fundort nicht herauszufinden sei. Fast 4000 tote Vögel haben die Männer in Blaugelb bislang in Amtshilfe für die Veterinärämter in Berlin eingesammelt, täglich sind das 80 bis 120 Tiere, sagt Feuerwehr-Chef Albrecht Broemme. Sie kommen in eine Plastiktüte, die mit einem Klebeband verschnürt wird – auf dem Band ist der Fundort markiert. Nun müssen die Männer den Straßennamen auch mit Filzstift auf der Tüte selbst markieren. Broemme: „Wir wissen nicht, ob sich das Band von der Tüte gelöst hat oder ob Vogel und Tüte im Labor nicht mehr zuzuordnen waren.“ Jochen Henschke vom Ilat sagte, die Tüte war wohl nicht richtig gekennzeichnet.

Nach Auskunft des Bundesverbraucherschutzministeriums müssen die Landesbehörden bei einem Geflügelpest-Fall Maßnahmen für ihren Zuständigkeitsbereich prüfen. Bei einem ungeklärten Einzeltierfund wie in Berlin sei eine solche geeignete Maßnahme, die Stadt zum Beobachtungsgebiet zu erklären, sagte Ministeriumssprecherin Tanja Thiele. Derzeit würden die EU-Schutzvorschriften zur Geflügelpest bei Wildvögeln in Brüssel diskutiert. Die Wildgeflügel-Vorschriften wurden nach Auskunft der Senatsgesundheitsverwaltung gerade erst verändert, weshalb auf den Internetseiten der Bezirke wie Pankow teils veraltete Vorschriften beschrieben werden: Seit Donnerstag gilt das Transportverbot in einem Beobachtungsgebiet aber nicht mehr für Eier und Fleisch. Dafür müssen Zoohändlern den neuen Vorschriften zufolge den Verkauf von Papageien beim Veterinäramt melden; Brandenburger dürften auch keine Wellensittiche mehr im Beobachtungsgebiet Berlin kaufen.

Heute wollen die Leiter der Veterinärämter weitere Maßnahmen für Berlin beraten. In der Stadt gibt es 7000 Stück Nutzgeflügel in 280 Beständen. Mittes Amtschef Hans-Joachim Bathe-Peters wird prüfen, ob etwa in der Weddinger Kinderfarm Seuchenmatten zum Schutz des Geflügels ausgelegt werden. Zudem müssen neue Hinweisschilder gedruckt werden: Viele Tafeln wurden in Berlin schon wieder von Bürgern auf der Suche nach ungewöhnlichen Souvenirs abmontiert.

Annette Kögel

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