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Volksabstimmung: Zu wenig Kreuze für Pro Reli

Eine Mehrheit der Berliner will weiterhin freiwilligen Religionsunterricht: Für Pro Reli stimmten nur 14 Prozent der Wähler Die Religionsfrage teilt die Stadt entlang der alten Grenze. Weniger Interesse als für Volksentscheid zu Tempelhof

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Ein wenig lag es am Wetter, ein wenig lag es auch am Thema, das vielen dann doch nicht wichtig genug war, um den Ausflug in die Sonne zu verschieben. Schon am Nachmittag zeichnete sich ab, dass es für Pro Reli nicht reichen würden.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sprach am Abend von einem eindeutigen Votum für das Fach Ethik. Nur 14 Prozent der Wahlberechtigten hätten für Pro Reli gestimmt. Das Ergebnis bestätige den gemeinsamen Werteunterricht für alle Schüler im Fach Ethik. Trotz der heftigen Auseinandersetzungen stehe der Senat zur Förderung des freiwilligen Religionsunterrichts.

Darum wird es in den kommenden Tagen gehen. So forderte der CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel von Wowereit Entgegenkommen. Der Regierende Bürgermeister habe die Stadt gespalten, zum Beispiel durch die Festlegung des Abstimmungsdatums. Der Senat hatte die Abstimmung auf den 26. April vorgezogen, statt sie auf den Tag der Europawahl im Juni zu legen. Das hätte aus Sicht der Pro-Reli-Anhänger eine höhere Abstimmungsbeteiligung wahrscheinlich gemacht. Das vorgezogene Abstimmungsdatum habe die Steuerzahler außerdem 1,4 Millionen Euro gekostet, kritisierte Henkel. Außerdem habe Wowereits Senat rechtswidrig Steuergelder für eine Pro- Ethik-Anzeigenkampagne ausgegeben. Nun müsse er auf Kirchen und Religionsgemeinschaften zugehen. Der Senat könne Möglichkeiten für ein Miteinander von Ethik und Religion finden.

So sieht es auch der Fraktionschef der Grünen im Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann. Das Ergebnis sei zwar eindeutig, sagte Ratzmann, doch gebe es überhaupt keinen Grund zur Häme. Vielmehr komme es nun darauf an, Kirchen und Religionsgemeinschaften in den Ethik-Unterricht einzubeziehen und „für Verbesserungen zu sorgen“.

Der neue FDP-Fraktionschef Christoph Meyer sagte, man müsse nun darüber nachdenken, welches „Angebot“ der Senat denen machen könne, die sich für den Religionsunterricht in Berlin eingesetzt hätten. Denkbar sei die stärkere Einbeziehung von Religion in den Ethikunterricht. Denkbar seien angesichts der unterschiedlichen Abstimmungergebnisse in den Bezirken auch Regelungen von Schule zu Schule.

SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller erinnerte daran, dass es eine Zusammenarbeit zwischen Ethik- Lehrern und Vertretern der Religionsgemeinschaften schon gibt (siehe unten stehendes Interview). Das Berliner Modellfach Ethik habe sich bewährt. Nun sei es an der Zeit, Schüler und Lehrer wieder in Ruhe zu lassen.

Walter Momper (SPD), Schirmherr des Bündnisses Pro Ethik, sagte, „die Berliner sind helle und lassen sich nicht einlullen“. Die Kampagne von Pro Ethik in den letzten Wochen habe sich gelohnt, weil die Mehrheit der Abstimmenden sich für das Fach Ethik ausgesprochen habe, das gerade auch in Hinblick auf die Integration von Migrantenkindern so wichtig sei. Auch wenn sich die Kirchen keinen Gefallen getan hätten, indem sie sich einer Kampagne von CDU und FDP angeschlossen hatten, seien sie wichtige gesellschaftliche Institutionen, sagte Momper, der in den vergangenen Wochen stark wegen seines Pro-Ethik-Engagements kritisiert worden war, weil sich dieses nicht mit seiner Funktion als Abgeordnetenhauspräsident vertrage.

Nach den Worten Klaus Lederers, des Landeschefs der Linkspartei, hat die Abstimmung gezeigt, dass die Stadt „tolerant und weltoffen“ sei. Die Pro-Reli-Akteure hätten „zerschlagenes Porzellan“ hinterlassen. In Hinblick auf eine Zusammenarbeit mit den Kirchen sagte Lederer, nicht die rot-rote Koalition habe die Tür zugeschlagen. Es gebe aber natürlich die Möglichkeit, das Fach Ethik weiterzuentwickeln.

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