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Liebe Leser, Sie stehen nicht alleine auf dem Feld. Wir beantworten gerne Ihre Fragen

© dpa

Tempelhofer Feld: Alles, was Sie zum Volksentscheid wissen müssen

Zum Thema Tempelhofer Feld streiten sich die Parteien über jedes einzelne Detail. Zeit für Klartext: Wir haben Sie, die Leserinnen und Leser, aufgefordert, uns Ihre Fragen zum Volksentscheid am 25. Mai zu schicken. Hier die ersten Antworten.

Wie kann die Preisfestlegung von einem gewissen Kontingent an günstigen Mieten rechtlich durchgesetzt und garantiert werden? Gibt es eine unabhängige Instanz, die diese Senatspläne inhaltlich überwachen wird/kann?

Zu den Mieten der eventuell bald entstehenden Wohnsiedlung am Tempelhofer Damm existiert eine "Letter of Intent", also eine Absichtserklärung des Senats. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften degewo, Stadt und Land sowie die Baugenossenschaft IDEAL haben sich im September 2012 in diesem Schreiben dazu verpflichtet, 50 Prozent der geplanten Wohnungen am Tempelhofer Damm zu Nettokaltmieten von 6 bis 8 Euro pro Quadratmeter zu vermieten. Dies ist noch kein Vertrag. Die Senatsverwaltung und die Wohnungsbaugesellschaften verweisen aber darauf, dass sie nicht gewinnorientiert planen und landeseigene Wohnungsbaugesellschaften auf die soziale Struktur achten würden. Sie verweisen auch auf die geführte öffentliche Debatte und die entsprechenden Beratungen im Abgeordnetenhaus. Das wäre als Legislative auch der "Überwacher" dieser Pläne, so steht es auch in der Verfassung. Für die Bebauungsgegner ist dies allerdings ein Grund für Skepsis. Sie werfen dem Senat vor, die sozialen Mietpreise juristisch nicht einwandfrei garantieren zu können.

Wie hoch ist das Potential für Wohnungsneubauten in Berlin? Wie viele Wohnungen machen prozentual die Wohnungen auf dem Tempelhofer Feld aus?

Die Verwaltung von Bausenator Michael Müller (SPD) hat im Zuge der Arbeit an dem neuen Stadtentwicklungsplan die Potenziale des nächsten Jahrzehnts ermittelt und sieht Möglichkeiten zum Bau von 221 000 Wohnungen, davon 20 000 in der inneren Stadt und jeweils 100 000 auf Brachflächen und jenseits des S-Bahnrings. Rechnerisch bedeutet das: Eine Wohnung kommt auf zwei Neuberliner. Das Tempelhofer Feld ist einer der größeren zusammenhängenden Bauflächen, in diesen Zahlen ist es schon eingerechnet und macht mit geplanten 4800 Wohnungen 2,1 Prozent dieser Prognose aus.

Wie hoch ist aktuell der Leerstand von (Gewerbe-)Immobilien in Berlin?

Mehrere übereinstimmende Studien besagen, dass in Berlin rund drei Prozent der Wohnungen leer stehen. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen gibt an, dass seine Mitgliedsunternehmen einen Leerstand von 2,3 Prozent angeben (letzte Studie vom Jahr 2012). Innerhalb des S-Bahnrings sei die Nachfrage besonders hoch. Dort liege der Leerstand unter zwei Prozent.

Der Leerstand von Gewerbeimmobilien in Berlin liegt laut Immobiliendienstleister "BNP Paribas Real Estate" bei 5,3 Prozent. Im Vergleich: Hamburg und München liegen bei ungefähr 6,7 Prozent.

Wie soll der Schwerlastverkehr zur Baustelle kommen, wenn es sich jetzt schon zu den Arbeitszeiten permanent staut?

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sagt, dass der Tempelhofer Damm weitgehend vom Baustellenverkehr frei gehalten werden soll. Baustellenverkehre könnten über das künftige südliche Quartier abgewickelt werden. Dafür werde es, an der Oberlandstrasse eine neue Brücke über die S-Bahntrasse geben. Die BVG bestätigt derweil, dass es mit Blick auf den Tempelhofer Damm keine statischen Probleme gibt. Falls es dazu kommt, dass dort auch LKWs rollen. Vermehrt kamen von Baugegnern Fragen auf ob der U-Bahntunnel unter dem Tempelhofer Damm die Schwerlasten tragen kann: "Diese Straße ist jetzt schon viel befahren und da nur eine begrenzte Zahl an Wagen gleichzeitig drauf passen, gibt es keine Probleme mit der Statik", lässt die BVG wissen.

Wie ist der Lärmschutz am Südring geplant und wie viel wird er kosten?

Der Senat plant am Südring einen "Gewerbepuffer" einzurichten. Da Wohnungen direkt an der dort entlang laufenden Autobahn wegen der Lärmbelastung nicht möglich sind, soll dort eine Trennwand entstehen. Der "Puffer" aus Gewerbestätten soll Anwohner am Südring zusätzlich vor dem Autolärm schützen. Dementsprechend kann dort nur wohnkompatibles Gewerbe angesiedelt werden.

Der BUND bezweifelt das Lärmschutzkonzept im Masterplan. Er bemängelt, dass die Mischung aus Gewerbepuffer und Wohnsiedlungen so nicht funktionieren könne. "Außerdem haben andere schon bewohnte Orte in Berlin bei Investition in Lärmschutz den Vorrang", so der BUND. Die Senatsverwaltung arbeitet aber noch an der Konkretisierung des Lärmschutzes am südlichen Feld.

Wie soll die Erweiterung des islamischen Friedhofs konkret aussehen?

Zwei Szenarien: 1. Es kommt zur Randbebauung. Dann ist die Gestaltung des Friedhofs noch offen. Die betroffene islamische Gemeinde sagt, dass ihr ein Mitspracherecht vom Senat eingeräumt wurde. Nur kam es bis jetzt noch nicht zu einem Austausch mit den Verantwortlichen. Der Gemeindevorstand ist in den nächsten Tagen aber zu einem ersten Treffen in die zuständige Verwaltung eingeladen. 2. Es kommt zu 100 Prozent Freifläche: Im Gesetzestext der Bürgerinitiative ist eine Erweiterung des Friedhofs möglich. Die wichtigste Bedingung: Er muss vom Feld öffentlich zugänglich sein.

Lässt sich noch erreichen, dass das doppelte Nein mitgezählt wird als Wählerwille?

Die Antwort ist klar: Nein. Die Spielregeln für den Entscheid stehen fest. Es werden nur die Ja-Stimmen gezählt. Ein doppeltes Nein hat aber ganz andere Auswirkungen, wenn man etwas weiterdenkt. Das ist zwar eher Symbolik, ergibt aber Sinn, wenn man eine Bebauung des Feldes zulassen, den Senatsplänen aber nicht folgen möchte – entweder weil man die große Fläche sowieso für Luxus hält. Oder weil man die Pläne des Senats falsch findet und zum Beispiel viel mehr Sozialwohnungen fordert. Der Berliner Mieterverein zum Beispiel hat aufgerufen mit zwei Mal Nein zu stimmen. Mehr Abstimmungstipps finden Sie hier.

Kann das Ergebnis vom 25. Mai eigentlich revidiert werden?

Ja, im Rahmen der üblichen Gesetzgebung kann auch das Gesetz zum Tempelhofer Feld (egal welches der beiden Entwürfe am 25. Mai eine Mehrheit bekommt) revidiert bzw. verändert werden. Ob mit einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus oder mit einem weiteren Volksentscheid, beides ist theoretisch möglich. Falls keiner der beiden Entwürfe die nötige Mehrheit erreicht, wird die Große Koalition über ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus voraussichtlich ein Gesetz zur angestrebten Randbebauung erlassen. Dennoch spielt der Senat auf Sieg bei der Befragung der Berlinerinnen und Berlin. Das bringt nämlich mehr Legitimität.

Selbst die Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" schließt eine Änderung ihres Gesetzes und damit eine Bebauung auch im Falle ihres Sieges nicht aus. Bebauungsgegner Michael Schneidewind äußerte sich dementsprechend bei einer Podiumsdiskussion des Tagesspiegel. Auch wenn der Entwurf der Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" am 25. Mai eine Mehrheit überzeugen sollte: „Jedes Gesetz ist veränderbar", sagte er. Man könne ja über alles reden.

Welche Klimafunktion hat das Tempelhofer Feld in seiner jetzigen Form?

Der BUND hebt immer wieder die klimatische Bedeutung des Feldes hervor. Vor allem die Wiese versorge die Kieze rund um den Tempelhofer Park mit kühler Frischluft, vor allem in heißen Sommertagen und Nächten sei dies besonders wichtig für die dicht besiedelten Quartiere rund um den ehemaligen Flughafen. "Eine Randbebauung würde die Zufuhr der kalten Luft bremsen", sagt der BUND. Er fordert darüber hinaus keine zusammenhängenden hohen Baumgruppen zu pflanzen, diese würden den Abfluss der Kaltluft ebenfalls stoppen. Eine kleinere Fläche würde zudem das Kaltluftpotenzial verkleinern. Bebauungsbefürworter halten allerdings dagegen. Sie sagen, dass auch mit einer geschrumpften Fläche in der Mitte des Feldes der klimatische Ausgleich erreicht wird. Die Randbebauung sei darüber hinaus kein Hindernis, auch nicht für die Kaltluft.

Wie viel wird ein Erhalt der freien Fläche eigentlich kosten?

Die Kosten- und Finanzierungsplanung des Senats ist von Dezember 2013. Die Gesamtausgaben bis 2025 für die Baufeldentwicklung, die Pflege und Entwicklung des Feldes sowie die Sanierungskosten für das denkmalgeschützte Flughafengebäude belaufen sich demnach auf 630 Millionen Euro. Die Einnahmen werden mit 445 Millionen Euro beziffert. Diese würden zum Beispiel durch die Vermietung des Flughafengebäudes zusammen kommen. Daraus ergeben sich jährliche Instandhaltungskosten von rund 1,85 Millionen Euro. So viel kostet Wiese mähen, die sanitären Anlagen betreiben, den Wachschutz bezahlen und vieles mehr was auf dem Feld - so wie es jetzt ist - anfällt.

Am Montag, den 19. Mai 2014, konnten Sie Antje Kapek, Sprecherin für Stadtentwicklung der Grünen im Abgeordnetenhaus, in unserem Chat zu den Positionen der Grünen zum Volksentscheid befragen. Sie können uns bis zum 25. Mai weiterhin Ihre Fragen über das Formular in der linken Leiste schicken. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!

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