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Luftbild vom Flughafen Tegel

© Tsp-Archiv

Volksentscheid in Berlin: Unser kleines 1x1 zur Tegel-Abstimmung

Die Berliner stimmen mit der Bundestagswahl auch über die Zukunft des Flughafens Tegel ab. Dabei gibt es nur „Ja“ oder „Nein“. Unser Leitfaden zum Votum.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Zum ersten Mal stimmen die Berliner gemeinsam mit einer Bundestagswahl über einen Volksentscheid ab. Das ist ganz im Sinne von Freiherr von Stein, dem preußischen Reformer, der schon 1808 die „wirksame Teilnahme der Bürgerschaft an der Verwaltung des Gemeinwesens“ forderte, um „Gemeinsinn zu erhalten und zu erregen“. Der Volksentscheid setzt die Bürger auf Augenhöhe mit dem Parlament. Eine erfolgreiche Abstimmung hat den gleichen Rang wie ein Beschluss des Abgeordnetenhauses.

SO KAM ES ZUM ENTSCHEID

Bevor es zum Volksentscheid kommt, müssen mindestens 20.000 wahlberechtigte Berlinerinnen und Berliner unterschreiben, damit ein Volksbegehren in Gang gesetzt werden kann. Ein solches Begehren kann darauf gerichtet sein, Landesgesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben oder „zu Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen, sonstige Beschlüsse“ zu fassen. Innerhalb einer Wahlperiode darf über ein Thema nur einmal abgestimmt werden. Volksbegehren zum Haushaltsgesetz, zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben, Tarifen öffentlicher Unternehmen und zu Personalentscheidungen sind nicht erlaubt. Verfassungswidrige Volksbegehren werden ebenfalls nicht zugelassen. Für die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode werden 50.000 Unterschriften benötigt.

Sind diese Anforderungen erfüllt, müssen Senat und Landesparlament entscheiden, ob sie sich der Forderung des Begehrens „in seinem wesentlichen Bestand“ anschließen. Wenn nicht, wird ein Volksbegehren in Gang gesetzt, dem sieben Prozent der Wahlberechtigten per Unterschrift zustimmen müssen. Bei einem Antrag auf vorzeitige Auflösung des Abgeordnetenhauses sind es sogar 20 Prozent.

Ist das Volksbegehren zustande gekommen, muss ein Volksentscheid herbeigeführt werden. Das Parlament hat in diesem Fall das Recht, ergänzend einen eigenen Gesetzesantrag oder Beschlussentwurf zur Abstimmung zu stellen.

DIESE REGELN HAT EIN VOLKSENTSCHEID

Das Datum der Abstimmung wird vom Senat festgesetzt. Die Initiatoren von Volksentscheiden setzten darauf, dass parallel zu Wahlen abgestimmt wird – dann ist eine hohge Beteiligung garantiert.

Der Wortlaut des Volksentscheids, der aus einem oder mehreren Gesetzes- oder Beschlussentwürfen bestehen kann, wird im Amtsblatt für Berlin veröffentlicht. Außerdem erhalten alle stimmberechtigten Bürger ein Informationsblatt, in dem die Träger und die Gegner (Senat und Abgeordnetenhaus) des Volksentscheids ihre Argumente in gleichem Umfang darlegen können. Das ist auch diesmal vor dem Volksentscheid über den Flughafen Tegel so.

Öffentliche Kampagnen, die über diese Informationen hinausgehen, sind erlaubt. Senat und Parlament müssen dabei aber „das Gebot der Sachlichkeit“ beachten und müssen sich auf den „Einsatz angemessener öffentlicher Mittel“ beschränken. Die Initiatoren des Volksentscheids müssen Spenden ab 5000 Euro veröffentlichen. Vertreter des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen sowie landeseigene Unternehmen (ab 25 Prozent Beteiligung) dürfen nicht spenden.

SO WIRD ABGESTIMMT

Bei einem Volksentscheid geht es nur um Ja oder Nein.

An diesem Sonntag wird über die Frage abgestimmt: „Der Flughafen Berlin-Tegel „Otto-Lilienthal“ ergänzt und entlastet den geplanten Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER). Der Berliner Senat wird aufgefordert, sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um den unbefristeten Fortbetrieb des Flughafens Tegel als Verkehrsflughafen zu sichern!“

Dies ist, im Sinne des Berliner Abstimmungsgesetzes, keine Abstimmung über einen Gesetzentwurf, sondern über einen „sonstigen Beschluss“. Vergleichbar ist dieser Volksentscheid also mit einer parlamentarischen Entschließung (Resolution), die den Senat nicht verpflichtet, die Forderung umzusetzen. Aber sie erzeugt natürlich politischen Druck.

DAS BEDEUTET DAS ERGEBNIS

Ein Volksentscheid ist erfolgreich, wenn die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer und zugleich mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten zugestimmt hat. Letztere Bedingung dürfte angesichts der gleichzeitig stattfindenden Wahl erfüllt werden. Bei einer Abstimmung über die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode wäre die Hürde noch viel höher: Es müssen sich mindestens die Hälfte der Berliner Wahlberechtigten beteiligen und die Mehrheit der Teilnehmer müssten dafür stimmen.

Der Volksentscheid zum Flughafen Tegel wird heute völlig unabhängig von der Bundestagswahl ausgezählt. Wer an der Wahl teilnimmt, ist nicht verpflichtet, auch ein Kreuz beim Volksentscheid zu machen – und umgekehrt. Die Briefwahl war ebenfalls erlaubt.

Ist der Volksentscheid wirksam zustande gekommen, wird das Ergebnis veröffentlicht. In diesem Fall durch den Präsidenten des Abgeordnetenhauses, unverzüglich und in derselben Form wie ein Parlamentsbeschluss. Über Streitfälle entscheidet das Landesverfassungsgericht.

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