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Berlin: Volle Hingabe ist Pflicht

Auch beim Dienst nach Vorschrift müssen Beamte ihr Amt uneigennützig wahrnehmen

Die Drohung hängt in der Luft: Dienst nach Vorschrift. In düsteren Farben werden die Folgen geschildert – Aktenberge, die nicht mehr abgearbeitet werden, und unzufriedene Bürger in den Behörden, die nicht mehr richtig bedient werden. Mit diesen Szenarien wollen die Gewerkschaften und der Deutsche Beamtenbund den Senat schrecken, wenn er sein Vorhaben umsetzt, die Arbeitszeit für Beamte heraufzusetzen. Da diesem die Hände gebunden sind, andere Sparmaßnahmen in die Wege zu leiten, will er so schnell wie möglich die gut 80 000 Landesbeamten wöchentlich zwei Stunden länger arbeiten lassen. 42 Stunden in der Woche sollen sie dem Land Berlin ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen.

Und das muss der Beamte, selbst wenn er über die Mehrarbeit erbost ist, „mit voller Hingabe“ tun. Denn mit dieser hat er sich seinem Beruf zu widmen, so sieht es der Paragraph 20 des Landesbeamtengesetzes vor: „Er hat sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen.“ Ein Beamter sei verpflichtet, das Bestmögliche bei der Arbeit zu geben, sagt die Verwaltungsjuristin Barbara Remmert von der Freien Universität. So könnte man nach Lage des Gesetzes also einen Dienst nach Vorschrift definieren.

Der von den Gewerkschaften angedrohte „Dienst nach Vorschrift“ meint natürlich etwas anderes. Nämlich, das Engagement für die Arbeit einzuschränken, nur noch das dringend Notwendige und keine ExtraArbeiten mehr zu erledigen. Der Berliner Beamtenbund-Chef Joachim Jetschmann sagte beispielsweise, beim „Dienst nach Vorschrift“ könnten Bescheide auch mal „sehr gründlich“ bearbeitet werden. Die Möglichkeiten des Protestes sind für Beamte gering, denn anders als Arbeiter und Angestellte dürfen sie nicht streiken.

Ein rechtlicher Begriff ist der „Dienst nach Vorschrift“ nicht, sagt Remmert. „Er beschreibt eher die Befindlichkeit“ und wie es um die Motivation der Beschäftigten bestellt ist. Dann könne es eben passieren, dass etwa in der Justiz ein Richter nicht mehr die Aktenzahlen erledige wie bisher, oder im Sozialamt der eine oder andere Fall unbearbeitet sei. Eine offensichtliche Bummelei aber darf sich ein Beamter nicht leisten. Diese stellt eine Verletzung seiner Pflichten dar. Aber wer will diese feststellen können, wenn der Kollege auch nur noch 40 statt bisher 50 Bescheide ausstellt.

Auch die Drohung, keine Überstunden mehr zu leisten, zieht an sich nicht. Denn nach Gesetz ist der Beamte verpflichtet, bei zwingenden dienstlichen Belangen Überstunden zu machen. Ob dies allerdings auch gilt, wenn schon ein Berg von Überstunden vor sich hergeschoben wird, ist nach Remmerts Sicht fraglich. sik

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