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Trauerfeier für Fritz Teufel: Vollversammlung auf dem Friedhof

500 Freunde nahmen auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof Abschied von Fritz Teufel, dem Mitbegründer der Kommune 1 und radikalen 68er.

Die Idee mit dem Dorotheenstädtischen Friedhof sei Fritz Teufel bei einem Spaziergang gekommen, erzählt sein älterer Bruder Otto. Dass einer der bekanntesten 68er nun auf dem Berliner Prominentenfriedhof bestattet werden solle, finde er „durchaus nicht unangemessen“, ergänzt der alte Mann, während der Platz vor der Friedhofskapelle voller und voller wird und immer mehr Menschen, die meisten nicht mehr ganz jung, mancher am Stock, sich in die Kondolenzlisten eintragen. Irgendwann in absehbarer Zeit wird die Urne mit Fritz Teufels Asche also dort begraben, wo so viele liegen, die utopisch gedacht haben, von Hegel über Brecht bis zu Herbert Marcuse. Da ist Fritz Teufel gut aufgehoben.

Am 6. Juli war der Mann, der die Geschichte der 68er über längere Strecken mit seinem Witz und seinem Spott mitgeschrieben hat, an den Folgen der Parkinson-Krankheit gestorben, 67 Jahre alt. Geschätzte fünfhundert Freunde und Bekannte wollten am Donnerstag Abschied nehmen von einem Politik-Aktivisten, der auf Kosten der eigenen Freiheit einen bitter-sarkastischen Kampf gegen die Justiz geführt hat, als der Spaß mit der halbutopischen Kommune 1 ein Ende hatte. Dieter Kunzelmann war gekommen, Teufels Kommunarde. Rainer Langhans, der sich vom Kommunarden zum Frauenschwarm entwickelt hatte, ließ sich, seinen Astralleib und den noch immer vollen Lockenkopf auf dem Platz vor der Kapelle gern fotografieren. Es waren auch die gekommen, die – wie Teufel – harte Konsequenzen aus dem 2. Juni 1967 und dem tödlichen Schuss des Polizisten Karl-Heinz Kurras auf den harmlosen Studenten Benno Ohnesorg gezogen hatten – Inge Viett und Ralf Reinders, Ex-Terroristen der Bewegung 2. Juni, Astrid Proll, Ex-Terroristin der RAF. Und natürlich waren da auch die, die wie Teufel, aber viel theoretischer als er, auf das Denken und die Utopien gesetzt hatten, um das halbe Deutschland und den ganzen Westen zu bewegen und zu revolutionieren. Tilman Fichter, einst im Sozialistischen Deutschen Studentenbund organisiert, erkannte große Teile des SDS-Vorstands der späten 60er. Er sagte: „Ich habe von dieser Kommune-1-Kultur nicht so viel gehalten.“ Und doch ist er ebenso zu Teufels Beerdigung gekommen wie dessen Anwalt Hans- Christian Ströbele, früher mal Strafverteidiger in diversen Terroristen-Prozessen, seit langem für die Grünen im Bundestag.

Ströbele sagte über Fritz Teufel, er sei vor allem „ein guter Genosse“ gewesen. Der Schriftsteller Ulrich Enzensberger hatte zuvor in seiner Trauerrede an die Beweggründe erinnert, die Fritz Teufel in seine über ein Jahrzehnt gehenden Konflikte mit der Justiz getrieben hatten: Die Empörung darüber, dass in der jungen Bundesrepublik zahllose Richter und Polizisten mit NS-Vergangenheit untergekommen waren, verband sich mit Teufels Spottlust solchen Richtern gegenüber, wenn er sich für diverse Vergehen zu verantworten hatte. Teufels Bemerkung, er erhebe sich im Gerichtssaal, „wenn es der Wahrheitsfindung dient“, ist, wie Ulrich Enzensberger sagte, zum geflügelten Wort geworden. Die zehrende Auseinandersetzung, mit der er Politikgeschichte machte, gipfelte und endete in einem Verfahren, das ihm fünf Jahre Untersuchungshaft eintrug – bis Teufel selbst plötzlich erklärte, ein Alibi zu haben, freigesprochen und entlassen wurde.

Danach war er für viele wohl vor allem „ein treuer, großmütiger Freund“, wie Enzensberger sagte: „Wie er auf dem Rad durch die Soldiner Straße segelte wie ein Herbstblatt ... – einsame Spitze.“ wvb.

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