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Berlin: Von den negativen Menetekeln bei den zurück liegenden Wahlen lassen sich Berlins Alternative nicht beeindrucken

Im Auge des Orkans sitzen die Berliner Grünen und üben sich in Wohlgefallen. Gut vier Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl melden die Landesverbände ringsum desillusionierende Wahlergebnisse, bleibt die Bundespartei ein Schatten ihrer selbst - doch Berlins Grüne strotzen nur so vor Selbstbewusstsein.

Im Auge des Orkans sitzen die Berliner Grünen und üben sich in Wohlgefallen. Gut vier Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl melden die Landesverbände ringsum desillusionierende Wahlergebnisse, bleibt die Bundespartei ein Schatten ihrer selbst - doch Berlins Grüne strotzen nur so vor Selbstbewusstsein. Sie lassen sich offenbar weder von dem allgemeinen Negativtrend, noch von den so gut wie geplatzten rot-grünen Senats-Träumen irritieren. Im Landesverband herrscht seit Ende der Auseinandersetzung um den Kosovo-Militäreinsatz eine für die Partei ungewohnte Harmonie vor. Keine Grabenkämpfe oder profilneurotischen Anwandlungen im Landesvorstand oder in der Abgeordnetenhausfraktion mehr. Stattdessen scheint die Basis das erste Mal aus vollem grünen Herzen stolz auf ihr Führungspersonal zu sein und scheut sich auch nicht, dieses zu verkünden.

Ein professionell inszenierten Personenkult wurde der Partei am Mittwochabend in einem Veranstaltungsort in Mitte dargeboten. Ausgestattet mit feinster Computertechnik und doch in halb familärer Atmosphäre zelebrierten die Grünen ihren Multimedia-Wahlkampfauftakt in Form einer "Drei-Frauen-Show", wie sie die Partei in ihrer nunmehr fast 21-jährigen Geschichte noch nicht erlebt hat. Bunte Bilder, digitale Animationen, Stimmen aus dem Off und Sphärenklänge ließen die Vermutung zu, dass die Grünen mit aller Macht die Rudimente ihres Latschen- und Hirsekeks-Images abstreifen wollen, um endgültig zu beweisen, in der Welt des politischen Showbiz angekommen zu sein. Dass sich Politik neben den Inhalten über Personen verkauft, habe man schon vor längerer Zeit gelernt, gibt Landesvorstandssprecher Andreas Schulze zu Protokoll. Er konzipierte zusammen mit Fraktionssprecher Matthias Tang den datengesteuerten Auftritt.

Die Berliner Grünen sind im Gegensatz zu manch anderem Landesverband auch in der selten Lage, wirklich qualifiziertes wie über Parteigrenzen hinaus respektiertes Personal vorweisen zu können. So durfte am Mittwoch Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer wiederholt an ihre Berliner Wurzeln erinnern. Ebenso Michaele Schreyer, die in der kommenden Woche zur neuen EU-Kommissarin gewählt werden wird. Nicht zuletzt Spitzenkandidatin Renate Künast, quirlig und frech wie eh und je, auch wenn ihre politische Perspektive fünf weitere Oppositionsjahre sind.

Und genau hier liegt das Phänomen der grünen Hochstimmung. Sie werden mitnichten auf der Regierungsbank Platz nehmen. Aus dem rot-grünen Traum sind sie längst erwacht und dennoch nicht mutlos. Oezcan Mutlu, designierter Neu-Abgeordneter aus Kreuzberg, begründet die Gemütslage mit der schlichten Erkenntnis, dass man "einfach sehr gute Leute hat, gute Arbeit macht und die Konzepte stimmig sind". Wenn es mit der Regierung nicht klappt, sei der aufrechte Gang in die Opposition keine Schande. Camilla Werner, grüne Haushaltsexpertin aus Zehlendorf, kann derweil ihrem Landesverband nur positive Seiten abgewinnen. Die Partei arbeite professionell, die Motivation sei hervorragend und die Stimmung positiv. "Ein Negativtrend hat sich hier in den Köpfen nicht bemerkbar gemacht, im Gegenteil", so Werner.

AX

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