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Von Tag zu Tag: Altes Eisen

Christian van Lessen trauert Berlins zweithöchstem Bauwerk nach

Wie der Funkturm grüßt er Reisende aus der Ferne, wenn sie von Norden auf Berlin zusteuern. Oder er ist das Letzte, was sie beim Blick zurück von der Stadt sehen. Er ist ein Bote Berlins, mit seinem Stahlmast allerdings reichlich dünn und ohne den Respekt einflößenden Betonspeck um die Hüften wie sein etwas höherer Kumpel vom Alexanderplatz. Mit 358 Metern – Moskau ist stolz, dass es gerade so hohe Häuser baut – ist der Frohnauer Turm als zweithöchstes Bauwerk der Stadt immer ein wenig verkannt worden. Es lag wohl am Erscheinungsbild. Der Turm hat – nein – er hatte innere Werte, stellte zu Mauerzeiten wichtige Telefonverbindungen zwischen West-Berlin und dem Bundesgebiet her. Nun ist er offenbar endgültig zum alten Eisen geworden, wie gerade der Flughafen Tempelhof. Der Turm wird nicht mehr gebraucht, dieses Symbol bescheidener Größe am Stadtrand. Der Abriss naht, nahezu unvermittelt und unsensibel angekündigt: Nutzlos – und zu teuer im Unterhalt. Berlin macht sich kleiner. Wer weiß, ob nicht vielleicht schon insgeheim am Funkturm gesägt wird?

Christian van Lessen

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