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Von Tag zu Tag: Auf der Höhe

Christian van Lessen bewundert die Bordell-Weitsicht der Stadtplaner

Wie oft ist über die Traufhöhe geschimpft worden, jene 22 magischen Meter, die viele Hochhauspläne ehrgeiziger Investoren schrumpfen ließen. Die der Stadt den leicht provinziellen Ruf einbrachten, architektonisch zu viel Mittelmaß zu sein. Wie oft bekam der einstige Senatsbaudirektor zu hören, er solle sich doch bitte weniger Lübeck, mehr London zum Vorbild nehmen. Kritiker, denen es baulich noch immer nicht hoch genug sein kann, sollten sich erinnern: Es ist erst ein paar Jahre her, dass die Behörden den Bau eines Hochhauses ablehnten, mit der Begründung, die ortsübliche Gebäudehöhe werde nicht eingehalten. Aber der Bauherr wollte das Haus an der Kurfürsten-, Ecke Potsdamer Straße errichten – genau dort, wo jetzt erbittert um drei, vier Etagen eines vergleichsweise flachen Gebäudes gekämpft wird, in dem ein „Großbordell“ geplant ist. Mit einem Hochhaus hätte die Stadt vermutlich zwölf weitere Problemstockwerke am Hals, müsste ein „Hochbordell“ fürchten. Ist das kein Grund, den Behörden für ihre geliebte Traufhöhe zu danken?

Christian van Lessen

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