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Von Tag zu Tag: Im Zeitfenster

Andreas Conrad hat nichts gegen ein Warten in der Schlange

Ach, wäre der Sommer doch nie zu Ende gegangen. Die glorreichen Sonnenmonate vor fünf Jahren, als das MoMA in New York umgebaut wurde und seine schönsten Schätze nach Berlin, in die Neue Nationalgalerie verlagerte. Die Freifläche um den Mies-van-der-Rohe-Bau war damals unbestrittenes kulturelles Zentrum der Stadt, mit einer Strahlkraft wie der eingewickelte Reichstag 1995. Der Bilderimport aus Manhattan bescherte die längsten Warteschlangen, die mit Kultur in Berlin zu erreichen sind, niemanden hat es gestört. Im Gegenteil: Schon das Warten war schön, erhob den individuellen Museumsbesuch zum Gemeinschaftserlebnis mit Eventcharakter. Dieser Sommer ist nun vorbei, in jeder Hinsicht. Denn wieder lockt ein Museum, ein Neues gar, mit edelster Kunst, das Interesse ist gewaltig, aber die Schlangen hat man vertrieben, in überschaubare Portionen zerhackt, die durchs jeweils zugebilligte Zeitfenster gepresst werden. Eigens angestellte Animateure, wie sie zur MoMA-Schau die Schlange bei Laune hielten? Kann man sich sparen. Stattdessen vielgepriesene deutsche Gründlichkeit. Effektiv, durchdacht, langweilig.

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