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Berlin: Von Tag zu Tag: Reingefallen

Die Kaffeemaschine sei doch schon so preisgünstig, beteuert die Verkäuferin des Elektronikmarktes mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt. Da liege kein Preisnachlass mehr drin.

Die Kaffeemaschine sei doch schon so preisgünstig, beteuert die Verkäuferin des Elektronikmarktes mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt. Da liege kein Preisnachlass mehr drin. Wirklich nicht. Nur 59 Mark für ein hochwertiges Markengerät, was wolle man mehr? Und dazu gebe es vom Hersteller noch ein Pfund Kaffee gratis. Der Kunde zieht ein wenig den Kopf ein und schämt sich, bei dieser harmlosen Frau das Feilschen versucht zu haben. Eigentlich wollte er gar nicht handeln, denn das kostet Nerven. Aber er tat es aus einem gewissen Drang heraus, weil heute offenbar jeder meint, zum Feilschen gezwungen zu sein.

Immerhin: Ein Pfund Kaffee-Krönung ist auch nicht übel, sagt sich der Käufer und zieht befriedigt davon. Und tröstet sich: Feilschen muss nicht sein, wenn der reguläre Verkaufspreis nicht zu hoch erscheint und noch mit Geschenken verbunden ist.

Aber was liest er dann am nächsten Tag in der Zeitungsanzeige? Ein Berliner Möbelmarkt bietet die gleiche Kaffeemaschine mit dem gleichen Pfund Kaffee für nur 39 Mark an. Rühmt sich, diesen Preis von ursprünglich 79 Mark herabgesetzt zu haben.

Ein Lehrbeispiel für alle Feilschmuffel, sich in der ungeliebten Kunst zu üben. Was für eine Gewinnspanne mag dieser verdammte Kaffeeautomat mit seiner Mokka-Taste wirklich hergeben? Morgen steht das Ding vielleicht in irgendeinem Laden für 29 Mark, mit zwei Pfund Kaffee als Präsent. Ist ausgeschlossen, dass übermorgen ein Autohaus drei Pfund Kaffee für acht Mark anbietet, mit der Kaffeemaschine als Geschenk?

Es ist zum Haareraufen! Wann bieten die Volkshochschulen endlich ihre ersten Feilschkurse an?

Christian van Lessen

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