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Berlin: Von Tag zu Tag: Sehr witzig

Viele Begriffe sind zu Schanden geschludert worden. Ironie wird mit Sarkasmus verwechselt, und der Zynismus, diese miese Menschenverachtung, wird bedenkenlos als Humor ausgegeben.

Viele Begriffe sind zu Schanden geschludert worden. Ironie wird mit Sarkasmus verwechselt, und der Zynismus, diese miese Menschenverachtung, wird bedenkenlos als Humor ausgegeben. Wird in der Schule nicht mehr das feine Empfinden von Ironie geweckt, wie sie zum Beispiel Thomas Mann unübertroffen zur Geltung brachte? Und der Humor? Um ihn ist es besonders schlecht bestellt.

Er ist, wie das mal jemand treffend definiert hatte, ein Gemisch von Geist und Güte. Dieses Gemisch trinkt man, säuft es nicht. Über Humor können wir lächeln, er wärmt von innen heraus, macht uns einem Menschen mit Humor zugetan. Das brüllende, schenkelschlagende Lachen gilt bestenfalls dem Witz. Und ein witziger Mensch kann durchaus Humor haben.

Nun suchen die Veranstalter einer "Körperwelten" überschriebenen Anatomie-Ausstellung über die Presse Mitarbeiter. Die Ausstellung soll im Februar in Berlin gezeigt werden. Gesucht werden also "Totenwächter". Und diese sollen "gesunden Humor" besitzen. Und was diese Veranstalter unter "Humor" verstehen, geben sie in flapsigen Zitaten bereits gewonnener Mitarbeiter wieder, die hier nicht wiederholt zu werden brauchen.

Ich erinnere mich noch gut des Anatomieprofessors Heinz Rollhäuser in Gießen, der in einer Vorlesung uns junge Semester darauf hinwies, dass wir es im Präpariersaal mit toten Menschen zu tun bekämen, die Anspruch auf Respekt verdienten. Wen er womöglich bei dummen Witzeleien ertappe, den schmisse er umgehend aus dem Kurs. Diesem Anatomieprofessor war es eben wichtig, den künftigen Mediziner daran zu erinnern, dass auch ein Leichnam Respekt verdiene. Und dieser Mediziner verstand bei Gott etwas von Krankheit und Gesundheit.

Der "gesunde" Humor ist auch sprachlich ein weißer Schimmel; denn was wäre denn ein "kranker" Humor anderes als blanker Zynismus.

Ekkehard Schwerk

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