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Von Tag zu Tag: Tempo!

Christian van Lessen wundert sich über die Ruhe am Palast der Republik

Oft sind wir ungeduldig, wenn Touristen betulich über die Straße schlendern, wir an ihnen vorbeidrängen und uns wieder auffällt, wie schnell wir sind. „Berliner Tempo“, denken wir stolz und etwas überheblich. Ist eben nicht jedermanns Sache. Das vitale Schlagwort mag insgesamt in die Stadt passen, verkehrt sich auf dem Schloßplatz aber ins Peinliche. An provinzieller Lahmheit ist die Asbestentsorgung kaum zu überbieten. Nicht nur, dass auf der Abriss-Baustelle Pause gemacht wird: Es ist fast zehn Jahre her, als im Palast der Republik die Entgiftung begonnen wurde, und noch immer steht die Palastruine, weil immer wieder neues Asbest gefunden wird. Obwohl doch längst alles weg sein sollte. Das Zeug taucht unerwartet an allen unmöglichen Stellen auf. Wir lernen: Zumindest Spritzasbest war in der DDR keine Mangelware. Vielleicht tun wird den Abrissplanern aber bitter Unrecht. Es könnten alte Stasi-Heinzelmännchen am Werke sein, die einst gehortetes Asbest bei Nacht und Nebel in verborgene Winkel der Palastruine einspritzen, immer wieder und ganz flink. Um den Abriss zu verzögern – im Berliner Tempo.

Christian van Lessen

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