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Von Tag zu Tag: Um die Ohren

Bernd Matthies über die Schlamperei in der Berliner Schulpolitik.

In der Fachsprache des Militärs heißt so etwas Rohrkrepierer. Der Schütze visiert in schlechtester Absicht irgendetwas an, zündet, und wumm, fliegen ihm die Teile um die Ohren. In der Affäre um die Finanzierung der Berliner Privatschulen ist zwar nur ungefähr zu ahnen, wer da wohin schießen wollte, aber die Splitter haben die Koalition vollflächig getroffen. Die SPD, weil sie fachlich verantwortlich ist, und die CDU, weil sie nicht hingesehen hat, wo das leicht möglich gewesen wäre.

Der Vorgang ist deshalb so peinlich und bezeichnend für die Berliner Regierungskunst, weil er beweist, dass das Herumdoktern am schrittweise zuschanden reformierten Bildungssystem immer noch nicht zu Ende ist. Die wohl schwächste Ressortleiterin seit Menschengedenken lässt offenbar alles durchwinken, was irgendwie in den Traum der linksgewirkten staatlichen Einheitsschule passt, ihr Chef findet sowieso alles okay, worüber sich die Lehrer ärgern, die Fachpolitiker werden nicht gefragt – und nun schäumt sogar die Opposition, der man generell kaum eine große Vorliebe fürs bürgerlich strukturierte Schulsystem herkömmlicher Prägung nachsagen kann.

Bemerkenswert ist vor allem, mit welcher Nonchalance die Risiken und Nebenwirkungen solcher geplanten Maßnahmen ignoriert werden. Denn ganz nebenbei würde die Senatsvorlage zwei wichtigen privaten Sekundarschulprojekten in Wedding den Boden entziehen. Beabsichtigt war das sicher nicht, aber es zeigt, wie schludrig hier gearbeitet wurde, wo es doch zweifellos um ein für die Berliner Zukunft entscheidendes Thema geht.

Und nicht zuletzt ergibt das alles auch für die SPD selbst keinen Sinn. In zwei Wochen wird gewählt, eigentlich für den Bundestag, der für die Berliner Schulstümperei nicht verantwortlich ist. Aber mancher Wähler wird sich wohl fragen, ob das Bundespersonal der Sozialdemokraten in Sachen Bildungspolitik so viel besser aufgestellt ist.

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