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Von Tag zu Tag: Wird’s langsam!

Björn Seeling will in der U-Bahn nicht auch noch meditieren.

Koreaner sind Meister im U-Bahn- Nickerchen. Kaum sitzen sie, klappen sie die Augen zu, auch wenn’s nur für eine Station ist. So war’s neulich in einer Reportage auf Arte zu sehen. Keine Ahnung, ob CDU-Gesundheitssenator Czaja auch Arte guckt. Aber die Vermutung liegt nahe, weil er die Schirmherrschaft für eine Aktion übernommen hat, bei der heute unter anderem Meditation in der U-Bahn angeboten wird. Das soll Stress abbauen und den Alltag entschleunigen, heißt aber in Wirklichkeit nichts anderes als Schnecken in die Öffis tragen. Denn Entschleunigung ist doch schon längst oberstes Prinzip im öffentlichen Nahverkehr. Insider nennen das Ganze einfach Schienenersatzverkehr, Zugtausch oder 200er Bus.

Der Verdacht liegt nahe, dass mit der Aktion lediglich die Fremdschäm-Resistenz der wehrloser Fahrgäste getestet werden soll. Schließlich weiß so mancher schon jetzt nicht mehr, wohin er seine Blicke lenken soll, weil sich bereits die dritte Truppe durch den Waggon fiedelt und er als Nicht-Spender inmitten der Herzen und Börsen öffnenden Touristen wie die Fratze des Kapitalismus wirkt. Dabei geht doch auch Kleingeldspenden ins Geld!

Also, liebe Entschleuniger, meditiert lieber woanders. Was gibt’s zudem Entspannenderes als den Gong bei der Haltestellenansage? Vom Timbre in der Stimme des Busfahrers oder vom Rammstein-Plätschern aus den Ohrstöpseln des Banknachbarn ganz – zu schweigen.

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