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Hinterhof-Restaurant mit hübschem Ambiente: Die "Schnitzelei" in Mitte.

© Schnitzelei / promo

Von TISCH zu TISCH: Schnitzelei

Schöner Gastraum, guter Service, aber das fade Essen erinnert an die Neunziger. Fazit: nicht uneingeschränkt zu empfehlen

Kaum betritt ein neuer Gast das großzügig geschnittene Restaurant im Hinterhof zwischen Chaussee- und Novalisstraße, eilt schon ein Kellner mit einem kleinen, kühlen Glas Bier herbei. Das ist mal eine originelle Willkommensgeste. Aber für originelle Ideen haben die Betreiber der Schnitzelei ein Ohr. Bekannt geworden sind sie unter anderem durch einst innovative Lokal-Konzepte wie das des „Nola“. Es gibt bunt gewürfelte Wände, blanke Holztische, einen Nebenraum für Feste mit 40 bis 50 Gästen, eine Terrasse für Raucher und Sommergäste. Wo früher Sarah Wiener kochte, kommen nun Schnitzel auf den Tisch. Und Tapas in Dreier-, Sechser- oder Neuner-Varianten.

Schnitzel vegan

Am besten war der mit Honig und Thymian gratinierte Ziegenkäse, zwei kleine, cremige Kugeln in einem Schälchen unter der Gratinkruste mit ganz angenehmem Geschmack. Um den Tomaten-Bierbrot-Salat muss man die Veganer wohl nicht beneiden. Die Brotwürfel kamen mir etwas fettig vor, die halben Cherry-Tomaten schmeckten fad im charakterarmen, leicht senfigen Dressing. Besser waren die beiden kleinen Fischfrikadellen mit Kräuterremoulade. Ein leichter, abwechslungsreicher Einstieg (8,50 Euro). Schnitzelfans schätzen es ja, wenn auf den Teller Überlappendes kommt. Bei den Nachbarn war das auch der Fall, bei uns ging es kompakter weiter. Das Lammhüftschnitzel ist aber auch nicht unbedingt ein Klassiker. Hier kam es in Gestalt von blutrosa gegarten, hohen Medaillons vom Milchlamm mit einem Berg lauwarmer Prinzessbohnen, einem knallharten Stück Kräuterbutter und jeder Menge Bratkartoffeln (18,50 Euro). Schön dass es auch eine Auswahl an vegetarischen Schnitzeln gibt, wahlweise mit Austernpilzen gefüllt oder mit Ziegenkäse. Die Entscheidung für das Gemüse-Cordon Bleu führte zu einem originellen Erlebnis. Das Gericht ließ sich nämlich schwerer schneiden als der Klassiker aus Fleisch. Das lag daran, dass das Gartengemüse in hausgemachter Brotpanade und schmelzendem Emmentaler im Wesentlichen aus ein paar Karottenscheiben und hart geratener Sellerie bestand. Am Ende ließ es sich aber bewältigen, und einen frischen Salat, eine Schale Kräuterquark und die bereits erwähnten Bratkartoffeln, die ebenfalls keine Zungenbrenner waren, gab es auch noch dazu (14 Euro).

Dessert für Kinder

Dass wir dann auch noch die süßen Tapas zum Dessert bestellten, brachte uns den Kommentar ein: „Sie lassen es sich aber gut gehen heute.“ Was den Marillenknödel mit Aprikosenfüllung, Vanillesauce und Mohnstreusel betraf, stimmte das sogar. Auch das zum Schnitzelchen platt gedrückte und in Nusskrümeln gewälzte Vanilleeis war ganz passabel. Hingegen würde mir ein Verbot, Kinderschokolade zu Mousse zu verarbeiten, nichts ausmachen. Trotz der dunklen Schokoladensauce darüber schmeckte das nicht. Es gibt hier eine gute Auswahl an Craft Beer-Sorten, darunter auch glutenfreies. Weine sind auch im Angebot, etwa einer von einem Weinberg, der zum Teil dem Restaurantbetreiber gehört, ein Riesling von der Mosel namens „Mutmacha!“.

Convenience lässt grüßen

Dass mich das Essen an die neunziger Jahre erinnert hat, ist nicht die Schuld der reichlich zur Verzierung eingesetzten Kapkirschen. Trotz regionaler Zutaten und hausgemachter Panade schmeckt vieles wie Convenience-Kost. So viel Vorsicht ist in Zeiten, da auch unterhalb der Gourmet-Ebene mit Aromen und spannenden Gewürzen gearbeitet wird, nicht mehr zeitgemäß. Die unternehmenseigene Ideenküche sollte vielleicht mal aus dem Gastraum heraus direkt an den Herd verlegt werden.
- Chausseestraße 8, Mitte, Tel. 32 51 94 22, geöffnet täglich von 16 bis 24 Uhr.

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