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Kleine Stühle, harte Bänkchen. Im Zenkichi wird viel Platz für Deko verschwendet, findet unser Restaurantkritiker. Gemütlich schlemmen geht anders.

© Zenkichi / promo

Von TISCH zu TISCH: Zenkichi

Schwer zu finden. Dafür tut sich aber drunten im japanischen Restaurant eine stilvoll dunkle, üppig dekorierte Welt auf...

Ach, mal gut japanisch essen! Nichts leichter als das, sagen Kenner: einfach nach Tokio fliegen. Bei intensivem Nachfragen stellt sich dann heraus, dass noch ein paar andere Städte infrage kommen, nämlich jene, die ähnlich superbe Grundprodukte haben, sagen wir: Hongkong oder New York. Deutschland? Naja, eventuell Düsseldorf, wegen der großen japanischen Kolonie. Zieht man von der japanischen Küche nämlich den hohen zeremoniellen Anteil ab, der sich zum Beispiel in der legendären, zehn Jahre dauernden Sushi-Ausbildung ausdrückt, bleibt im Grunde nur die extreme Produktqualität, die manchmal wirklich beim Essen noch lebenden Meeresfrüchte, das unbezahlbare Rindfleisch. Beim Kochen kann nichts überdeckt werden, dominante Gewürze spielen praktisch keine Rolle.

Beste Voraussetzungen

Nichts gegen Berlin – aber so richtig hat das hier bislang nie funktioniert. Immerhin bringt das „Zenkichi“ hinter dem Friedrichstadtpalast aber gute Voraussetzungen mit, denn die Betreiber sind damit schon in Brooklyn erfolgreich. Das Berliner Restaurant, das als „japanische Brasserie“ firmiert, ist schwer zu finden, man muss zum Glashaus von Rocket Internet gehen, dann aber nicht durch den Haupteingang, sondern ein paar Schritte rechts in den Keller. Drunten tut sich eine stilvoll dunkle Welt auf, die im Laufe der Zeit allerdings die Frage aufwirft, warum so viel Platz für Deko verschwendet wird, während die Gäste in Separées auf schmalen Bänkchen hocken und sich die Oberschenkel abschnüren lassen müssen.

Technisch perfekt

Gut, dass das Essen sehr schnell geht. Das Menü Omakase (65 Euro) gibt einen guten Überblick, kommt aber in winzigen Häppchen – nicht umsonst sind die Japaner angeblich die schlanksten Menschen der Welt. Es beginnt zügig mit einem Vorspeisen-Vierer: Zwei hauchdünne Scheiben Steinbutt, ungewöhnlich, spielen den Sashimi-Part, zwei ganz knapp abgeflämmte Jakobsmuschel-Scheiben bilden das Gegengewicht, dazu gibt es, tatsächlich, kleine Mozzarella-Kugeln in Dashi-Sud mit etwas Bottarga und blanchierte Kresse mit Brühe aus Karashi, japanischem Senf. Der „Zenkichi-Salad“ besteht aus einem Würfel Seiden-Tofu, herrlich geschmeidig, auf Blattspinat mit leicht knuspernder Tofu-Haut und Sesamdressing. Zwei winzige Stücke Seeteufel mit Ingwer-Hauch, sauber frittiert, kommen mit Bergpfeffer-Salz zum Selbstwürzen, dann folgt der fast schon rituelle Black Cod, perfekt gegarter Kabeljau in Miso-Marinade. Entrecote Shabu-Shabu sind dünne, knapp gegarte Fleischstreifen in dezent süßer Kräuter-Apfel-Marinade mit ein paar Pilzbrocken, Kräuterseitlingen offenbar. Schließlich gibt es dann doch noch Sushi, allerdings im Chirashi-Stil: Dünne Streifen Taschenkrebs-Fleisch sowie Lachskaviar liegen oben auf einer Schüssel mit Reis, was sogar die Idee einer gewissen Sättigung eintreten lässt. Beachtliche Desserts: schwarzes Sesam-Eis und Walnuss-Schokocreme.

Kein Wein

Das ist alles technisch sehr gut gemacht, aber der Funken springt nicht richtig über. Das Ganze hat einen eigentümlichen Zitat-Charakter, alles ist schon weg, bevor man mit dem Essen überhaupt beginnt. Nicht unproblematisch finde ich auch, dass es keinen Wein gibt, nur eine (sehr gute) Sake-Auswahl und dünnes japanisches Bier – beides für mich wenig animierend. Aber das mag jeder Gast für sich bewerten. Der Service, traditionell devot, spricht englisch, das ist in Berlin jetzt so, allerdings kommt man auch mit Deutsch irgendwie durch. Ach: Wunderbar üppiges ChirashiSushi habe ich zwei Tage später bei „Homard Bleu“ in der Heinsestraße 53 in Hermsdorf gefunden, für 14,50 Euro mit Suppe und Tee. Allerdings ganz ohne Zeremoniell...

- Zenkichi, Johannisstr. 20, Mitte, Tel. 24 63 08 10, täglich von 18 bis 23.30 Uhr geöffnet.

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