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Berlin: Von Werten und Wischi-Waschi

Opposition kritisiert Koalitionspläne für Ethik-Unterricht. Die Grünen prüfen, ob die Zuschüsse für Kirchen weiter zulässig wären

Die Pläne der Koalition für das neue Pflichtfach Ethik stoßen auf scharfe Kritik und sogar auf verfassungsrechtliche Bedenken. „Die PDS plant die pure Erziehung zum Atheismus und ignoriert unsere kulturellen Wurzeln“, schimpft Mieke Senftleben, die bildungspolitische Sprecherin der FDP. Carola Freundl, die stellvertretende PDS-Fraktionschefin hatte am Dienstag erklärt, neben der Wissensvermittlung über die Weltreligionen sei es Ziel des neuen Pflichtfachs ab der 7. Klasse, „dass die Kinder ihre Herkunftsreligion relativieren“. „Das ist doch skandalös“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Mieke Senftleben, „unsere abendländische Kultur und unsere Werte beruhen auf dem Christentum, das kann man doch nicht einfach negieren.“ Die PDS plane ein undurchdachtes „Wischi-Waschi-Fach“.

Die Liberalen und die Christdemokraten wollen ein neues Wahlpflichtfach einführen, bei dem die Schüler zwischen Lebenskunde/Ethik/Religion und klassischem Religionsunterricht wählen können. Dieses Modell favorisiert auch Schulsenator Klaus Böger (SPD). Die Mehrheit in der SPD und die PDS wollen aber ein verbindliches Pflichtfach Ethik für alle einführen.

Wie am Dienstag bekannt wurde, will die Koalition auch nach der möglichen Einführung eines Pflichtfachs Ethik den Kirchen weiterhin Landeszuschüsse in der bisherigen Höhe für die Erteilung des freiwilligen konfessionellen Unterrichts zahlen. In den Augen von CDU-Schulpolitikerin Katrin Schultze-Berndt ist das Augenwischerei. „Wenn man den Kirchen gestattet, ihren konfessionellen Unterricht zwar abzuhalten, aber nur nachmittags, werden absehbar immer weniger Schüler daran teilnehmen.“ Das wiederum werde Rot-Rot das Argument liefern: Keine Nachfrage – keine Zuschüsse. Der Fall Religionsunterricht würde sich so stillschweigend von selbst erledigen.“

Die Grünen wollen erst einmal prüfen, ob die Zuschüsse an die Kirchen verfassungsrechtlich zulässig sind, wenn ein Pflichtfach Wertekunde eingeführt wird. Die Vermittlung gesellschaftlicher Werte sei eine staatliche Aufgabe und müsse integraler Bestandteil des staatlichen Lehrangebots sein, sagt Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Da es kein verpflichtendes Schulfach gäbe, habe man mit den Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften die Vereinbarung getroffen, dass sie den Unterricht übernehmen und dafür derzeit 50 Millionen Euro im Jahr bekommen. „Diese Vereinbarungen sind kündbar“, so Ratzmann. Wenn es ein Pflichtfach Ethik gäbe, werde sich erst recht die Frage stellen, ob das Land angesichts der Haushaltsnotlage und vor dem Hintergrund des Urteils des Landesverfassungsgerichtes von 2003 berechtigt ist, 50 Millionen Euro für ein nicht zwangsläufig notwendiges Angebot auszugeben.

Erhielten die Glaubensgemeinschaften weiter Zuschüsse, so könne auch die Islamische Föderation ihren umstrittenen Unterricht weiterführen. „Es kann doch nicht sein, dass wir einerseits einer Lehrerin verbieten, in der Schule ein Kopftuch zu tragen, andererseits der Islamischen Föderation erlauben, in der Schule das Kopftuch zu predigen“, sagt Ratzmann.

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