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Berlin: Vor 25 Jahren wurde für das Bonner Kanzleramt Richtfest gefeiert

Wenn heute Richtfest für das neue Bundeskanzleramt am Spreeufer gefeiert wird, gerät sein Vorgänger in Bonn wieder ein Stück mehr ins Abseits - jener Bau nahe am Rheinufer, für den das erste Richtfest eines Bundeskanzleramtes gefeiert wurde, vor 25 Jahren, am 15. Oktober 1974.

Wenn heute Richtfest für das neue Bundeskanzleramt am Spreeufer gefeiert wird, gerät sein Vorgänger in Bonn wieder ein Stück mehr ins Abseits - jener Bau nahe am Rheinufer, für den das erste Richtfest eines Bundeskanzleramtes gefeiert wurde, vor 25 Jahren, am 15. Oktober 1974. Noch arbeitet hier bis zur Fertigstellung des Berliner Neubaus die Hälfte aller Mitarbeiter.

Ein Jahr dauerte damals die Bauzeit bis zum Richtfest, dann strichen über eineinhalb Jahre ins Land, bis der Neubau im Sommer 1976 bezogen werden konnte. Kurz zuvor hatten noch "Kammerjäger" nach Wanzen der speziellen Art gefahndet und keine Abhöranlage entdeckt. "Für alle Zeiten soll dieses Haus ein Hort unserer demokratischen Freiheit sein", sagte Bundesbauminister Karl Ravens bei der Schlüsselübergabe. Der Empfänger und Hausherr hieß Helmut Schmidt.

Das Haus, das er symbolisch aufschließen durfte und an dessen Zaun Gerhard Schröder später einmal rütteln sollte, war von der Architektengruppe Stieldorf als äußerlich nüchterner Zweckbau entworfen worden: Dreigeschossig mit getönten Fenstern und einer Fassade aus bronzefarbigem Aluminium, hinter der rund 300 Büros für etwa 440 Mitarbeiter steckten.

Der Neubau sollte die über das ganze Bonner Stadtgebiet verteilten Außenstellen des Kanzleramtes zusammenfassen. Seine Form entsprach dem Baustil der Zeit. So baute man damals auch Kreisverwaltungen, Rathäuser, Pharmabetriebe, Amtsgerichte oder Sparkassen. Als Sparkasse wurde der Kanzlerneubau neben dem Vorgänger Palais Schaumburg, das viel zu eng geworden war, auch prompt bespöttelt.

Dabei hatten die Architekten bei der Planung den Auftrag, das "Selbstverständnis des demokratischen Staates sichtbar zu machen". Dieses Selbstverständnis zeigte sich baulich in einer Form, die an Zinken eines Kammes erinnerte, mit drei fast 100 Meter langen und parallel zueinander gestellten Riegeln und einem nach vorn gezogenen Kanzlertrakt. Miteinander verbunden wurde alles durch eine Brücke in den Obergeschossen. Als Hauptnutzfläche errechnete man rund 20 000 Quadratmeter. Auf die gleiche Fläche kommt der Neubau in Berlin, der viel massiger wirkt und doppelt so hoch ist. Für den Bundeskanzler war ein 100 Meter großes Zimmer mit Bad und Ruheraum vorgesehen. Ein großer Saal samt Dolmetscherkabinen für internationale Konferenzen gehörte zum Bau, ferner 30 Teeküchen, denn Kaffeekochen am Arbeitsplatz war streng verboten. Ein Sanitätsraum war dabei, man zählte zehn Duschen und 125 Toiletten, aber der Clou des Ganzen war das Schwimmbad mit Gegenstromanlage und einem Ausmaß von sechs mal zwölf Metern.

Dieses Schwimmbad, bestätigten Mitarbeiter des Kanzleramtes, wird schon lange nicht mehr genutzt, es habe sich wohl nicht gerechnet; vielleicht aber seien die Bundeskanzler auch zu unsportlich gewesen. So ist im neuen Bundeskanzleramt in Berlin - versichert jedenfalls die Bundesbaugesellschaft - kein Schwimmbad eingeplant.

Gut 106 Millionen Mark kostete das neue Bundeskanzleramt - damals. Weniger als ein Viertel der Summe, die voraussichtlich der Berliner Neubau verschlingen wird.

Das Bonner Haus, einst auch als "Palais der Macher" bezeichnet, wird nach dem Auszug des Kanzleramtes nicht arbeitslos: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist als neuer Nutzer vorgesehen.

Christian van Lessen

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