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Smartphone und Lederhose. Die Bayern haben verstanden, wie die Grüne Woche funktioniert.

© Tobias Schwarz/AFP

Vor allem die bayerischen Stände glänzen: So startete die Grüne Woche

Rundgang über die Grüne Woche. Mit dabei: Eine kroatische Orangenlimo namens „Pipi“, viel Ufftata und vor allem die Bayern – gegen die kommt niemand an.

Bayern, das muss man neidlos anerkennen, hat die Grüne Woche durchgespielt. Denn hier bei den Bayern sind schon zwei Stunden nach Eröffnung der Grünen Woche die Bierbänke voll, die Krüge leer und der Herr Hoffmann von der Bäckerinnung Bayern steht auf der Bühne und hat eine Deutschlandkarte für Frau Klöckner dabei – aus Brot.

„Jedes Bundesland haben wir mit einer Spezialität abgebildet“, sagt sein Kollege. „In Bayern sind des natürlich Weißwurscht und Brezen und in Baden-Württemberg zum Beispiel… äh…“ – kurzes Zögern – „geeenau: Kirschtorte.“ So.

Es ist wieder Grüne Woche, bis zum 26. Januar kann man auf dem Berliner Messegelände bei der größten Landwirtschaftsmesse der Welt essen, trinken und hoffentlich wieder gehen, bevor man zu voll ist. Aber, das gleich zu Beginn: Bei den Bayern lohnt es sich, zu bleiben.

Die Gegenprobe kann man bei den Hessen machen. Dort steht am Freitagmittag ein Koch vor halb leeren Rängen und püriert Handkäse im Thermomix. Ähnlich ist es bei den Berlinern, wo „Curry 36“ die Leute mit der immergleichen Curry-Pommes-Kombi lockt.

Einzige Ausnahme: Der Stand der „Berliner Luft“. Der bewirtet, zum Leidwesen der Bardame, schon mittags offenbar ein bisschen zu erfolgreich eine Jungsgruppe mit Schnaps für einen Euro. Die Anfang 20-Jährigen bestellen lallend eine „Berne Luf“ nach der anderen und fallen dabei fast vom Hocker.

Die Weißwurscht-Taktik der Bayern bringt Erfolg

Die Bayern dagegen haben verstanden, wie die Grüne Woche funktioniert: Mit Haxe, Käsespätzle, Weißwurscht, Bier in Krügen und so viel Tradition, dass selbst das Musikantenstadl nach Understatement aussieht. Hier trägt man den Bauch stolz über der Lederhose und zieht sich die Strümpfe da hin, wo sie in Bayern hin gehören: hoch bis zum Knie.

Mit einer anständigen Blaskapelle blasen sie die Rheinland-Pfälzer weg und auch die Sachsen drüben kommen mit dem eigenen Ufftata nicht gegen die Alphörner an, die zu Ehren der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (natürlich CSU) spielen.

Dank dem Trara wirken die Löcher im Emmentaler ein bisschen größer und der Bergkäse noch ein bisschen gelber als drüben bei den Schweizern mit ihrem Appenzeller. Deshalb ist die Bude bei den Bayern voll. Dabei ist der Pulk, den Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Berlins Regierender Michael Müller seit dem Vormittag hinter sich herziehen, noch gar nicht hier.

Julia Klöckner und Michael Müller mit dem Buddybär.
Julia Klöckner und Michael Müller mit dem Buddybär.

© Christoph Soeder/dpa

Los ging es morgens bei den Russen, die Hefegebäck und einen Sack Salz übergaben, den Frau Klöckner gern entgegennahm. Herr Müller dagegen schaute wie einer, dem man gerade die neuen Umfragewerte der SPD vorgelegt hatte. Den Mund zum Strich gepresst, zog er schnell weiter, erst mal zum Stand der Europäischen Kommission. Das hat ja gleich mehr Strahlkraft.

Dort sollten er und Frau Klöckner einen leuchtenden Globus berühren, der Besucher mit unterhaltsamen Fragen lockte, wie „Welches Produkt darf man seit dem 14. Dezember 2019 nicht mehr ohne Erlaubnis in die EU einführen?“

Die Antwort blieb der Globus leider schuldig, denn die Fotografen baten, man möge doch bitte weniger zusammenrücken und die Hand doch bitte noch ein bisschen näher an den Globus, Frau Klöckner! Sie gehorchte, rückte und fasste und die Fotografen oooohten.

Auf eine „Pipi“ mit den Kroaten

Es sind aber nicht nur die deutschen Bundesländer und die EU-Kommission vertreten, sondern Länder aus aller Welt. In Halle 10 lädt dieses Jahr das Partnerland Kroatien ein. Ein Mitbringsel ist eine Orangenlimo, die aussieht wie Fanta. Das ist deshalb erwähnenswert, weil man sich das erst mal trauen muss, einem gelben Getränk den Namen „Pipi“ zu geben. Auf Nachfrage erklärt eine Frau am Stand etwas zerknirscht: Sie sei natürlich nach Pipi Langstrumpf benannt.

Gut gefüllt. Besucher drängen sich vor dem norwegischen Stand.
Gut gefüllt. Besucher drängen sich vor dem norwegischen Stand.

© Tobias Schwarz /AFP

Italien und Frankreich teilen sich eine Halle, was nicht weiter auffällt, weil fast alle Stände beider Länder sich quasi mit Plockwürsten eingemauert haben – bei den Franzosen werben sie mit allerhand Geschmäckern wie Hirsch, Wildschwein, Mandel oder Knoblauch, aber wer probiert, merkt schnell, dass eigentlich alle gleich schmecken.

Auffallen tut das kleine Liechtenstein. Auf dieser Messe, wo Prunk, Pauken und Trompeten dominieren, wirbt es mit dem bescheidenen Slogan „Ein bisschen Liechtenstein“. Es gibt dort sehr gutes Birnenbrot mit Alpkäse und Weintrauben. Und man kann dort auch morgens um halb elf schon Schnaps trinken. Dass er zwei Euro kostet, erfährt man erst, sobald das Glas leer ist. Und aufgepasst: Es gibt keine Hocker, also fällt man ungebremst.

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