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Berlin: Vor der Grippewelle: Noch keine Einigung im Impfstreit

Krankenkassen schließen separate Verträge mit den Medizinern/Ärzte kassieren Honorar vor Impfung

Von Ingo Bach

Die Grippesaison beginnt – und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt streiten Ersatzkrankenkassen und Kassenärzte über die Impf-Honorare. Eine Einigung ist nicht abzusehen. Am vergangenen Mittwochabend lehnte die Berliner Kassenärztliche Vereinigung (KV) einen Kompromissvorschlag des Ersatzkassenverbandes Berlin-Brandenburg (VdAK) ab. Die Folge: Ohne Honorarvereinbarung verlangen viele Ärzte weiterhin von ihren Patienten Vorkasse, bevor sie impfen. Nach der ärztlichen Gebührenordnung müssen sie für eine Grippeschutzimpfung 9,32 Euro verlangen. Nur wenn die Patienten Glück haben, werden ihnen die Auslagen vollständig ersetzt. Manche Kassen erstatten nur das, was sie den Ärzten als Honorar angeboten haben: Sechs Euro.

Ähnliches gilt für die Kinderschutzimpfungen. Für diese Sechsfach-Impfung wollen die Kassen nur zwölf Euro zahlen, die Kassenärzte fordern 15 Euro.

Nun heißt es bei den Krankenkassen, man müsse „den Ärzten die Zähne zeigen“. Der Ersatzkassenverband schloss mit bisher 250 Medizinern einen separaten Abrechnungs-Vertrag, unter Umgehung der KV. Insgesamt gibt es in Berlin etwa 2700 Ärzte, die impfen können. „Wir können unseren Berliner Versicherten auf Nachfrage mindestens vier Ärzte in der Nähe nennen, die für den Versicherten kostenfrei impfen", sagt VdAK-Chef Karl-Heinz Resch. Deshalb hätten sich auch viele Ärzte zu Einzelverträgen bereit erklärt. Sie wollen ihre Patienten nicht an die Konkurrenz verlieren. Die Kassen werben um weitere vertragsbereite Mediziner.

Auch mit den Krankenhäusern sei man im Gespräch. „Die Kliniken sind sehr an diesem Zusatzgeschäft interessiert", sagt Resch. Denn bisher impfen Klinikärzte nur in Ausnahmefällen. Man arbeite an einer Mustervereinbarung mit dem Vivantes-Konzern und seinen neun angeschlossenen Krankenhäusern. „Darüber hinaus bieten die Ersatzkassen, wie Barmer, Techniker-, und Angestelltenkrankenkasse, ihren Versicherten in den nächsten vier Wochen kostenlose Impftermine in ihren Geschäftsstellen an. Der Ersatzkassenverband vertritt in Berlin 1,3 Millionen Versicherte.

Die Kassenärzte betrachten die Bemühungen der Kassen mit Skepsis. „Die Krankenkassen werden in ihren Geschäftstellen kaum solche Massenimpfungen wie nötig bewältigen können“, sagt der Geschäftsführer der Berliner Kassenärzte Dusan Tesic. Er schätzt, dass jährlich in Berlin etwa 490 000 Impfungen über die VdAK-Kassen abgerechnet werden.

Trotz des wachsenden Drucks bleibt die Kassenärztliche Vereinigung bei ihrem Nein. Der Kompromissvorschlag der Kassen sah vor, bei den Kinderschutzimpfungen nachzubessern. Bei den Grippeschutzimpfungen blieb der VdAK bei seinem Angebot. KV-Geschäftsführer Tesic: „Unser Vorstand kann nicht akzeptieren, dass derselbe Ersatzkassenverband den Ärzten in Brandenburg 6,50 Euro pro Grippeschutzimpfung bezahlt und in Berlin lediglich sechs Euro anbietet.“ VdAK-Chef Resch hält dagegen: „Es ist vom Gesetzgeber gefordert, dass sich Kassen und Ärzte regional über die Honorare einigen, entsprechend der Bevölkerungsstruktur werden die Impfungen verschieden stark nachgefragt. Das muss sich in den Honorarvereinbarungen niederschlagen.“

Die Fronten auf beiden Seiten sind verhärtet. Keiner rechnet mehr mit einer baldigen Einigung. Dabei ist der Druck für die Kassenärzte auf Dauer stärker. Die separaten Verträge der Kasse mit den Ärzten könnten der Anfang vom Ende des KV-Einflusses sein, zumal die Bundesregierung ausdrücklich erklärte, die Medizinerlobby entmachten zu wollen – vor allem mit dem Hebel der separate Vertragsabschlüsse.

Die Arztlisten liegen in den Berliner Geschäftsststellen der Ersatzkassen aus.

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