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Berlin: Vorbehalte auf beiden Seiten - im Großbezirk werden die politischen Verhältnisse umgekrempelt

Wohl in keinem anderen Fusionsbezirk ist die Entscheidung zur Zusammenlegung mit so viel Ablehnung aufgenommen worden wie in Kreuzberg und Friedrichshain. Das Schlagwort von der "Ost-West-Zwangsehe" machte schnell die Runde.

Wohl in keinem anderen Fusionsbezirk ist die Entscheidung zur Zusammenlegung mit so viel Ablehnung aufgenommen worden wie in Kreuzberg und Friedrichshain. Das Schlagwort von der "Ost-West-Zwangsehe" machte schnell die Runde. Friedrichshain fühlte sich überfahren, als in Kreuzberg kurzfristig das Bethanienhaus als neuer Rathausstandort angedacht wurde: Man sei nicht einmal gefragt worden. Mittlerweile zeichnet sich das bisherige Kreuzberger Rathaus in der Yorckstraße als gemeinsamer Verwaltungssitz ab. Umgekehrt argwöhnte man in Kreuzberg, Friedrichshain werde mehr Zuwendungen vom Senat erhalten und finanziell wesentlich besser dastehen.

Äußerst unterschiedlich sind die politischen Mehrheiten. In Kreuzberg stellen die Bündnisgrünen die stärkste Fraktion, in Friedrichshain dominiert die PDS. In beiden Bezirken ist die SPD zweitstärkste Fraktion. Für beide Bezirksverordneten-Versammlungen gilt bisher: Es gibt kaum feste politische Lager, die Mehrheiten wechseln häufig. In Kreuzberg könnte sich die Zahl der Fraktionen um die PDS und die Spaßpartei Kreuzberger Demokratische Patrioten - Realistisches Zentrum erhöhen, die beide 1995 nur knapp den Einzug in die BVV verpassten.

Das Bezirksamt Friedrichshain ist personell einigermaßen stabil durch diese Amtsperiode gekommen. Die Amtsführung der Baustadträtin Martina Albinus-Kloss (parteilos, für PDS) hat sich zwar des öfteren den Unmut der BVV zugezogen, ebenso wie ihr Amtskollege, Bildungsstadtrat Dieter Hildebrandt (PDS); doch nur Jugendstadtrat Wilde räumte im Sommer aus privaten Gründen seinen Posten und wurde durch Hans-Joachim Kohl ersetzt. Auffälligste politische Veränderung war hier 1997 die Entscheidung von sieben PDS-Bezirksverordneten, der Partei den Rücken zu kehren. Abweichende Meinungen hätten in der Partei keinen Platz, war ihre Begründung. Vier Abtrünnige gründeten mit einem ehemaligen SPD-Mitglied die Demokratische Linke Liste (DLL), die sich als Demokratische Linke (DL) jetzt auch in Kreuzberg zur Wahl stellt.

Turbulent war dagegen die Zeit in Kreuzberg. Ex-Baustadträtin Erika Romberg (B 90 / Grüne) verpatzte ihre Wahl zur Bürgermeisterin, Ersatzkandidat Franz Schulz warfen die zahlreichen Kritiker einen "napoleonischen Amtsstil" vor. Finanzstadtrat Peter (CDU) wurde im Sommer wegen seines Verhaltens in der Visolux-Mietaffäre abgewählt. Voraussichtlich wird das Kreuzberger Bezirksamt deshalb bis zum Herbst 2000 nur in einer Vierer-Besetzung arbeiten.

ulg

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