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Berlin: Vorschlag: Straftäter in stillgelegte Krankenhäuser Statt „Haft-Rabatt“ wollen CDU und FDP andere Lösungen

Was sagen die Politiker zum „Haft-Rabatt“ für Straftäter, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen können? CDU und FDP lehnen ihn kategorisch ab, Grüne und SPD befürworten ihn – und die PDS findet Ersatzfreiheitsstrafen ohnehin fragwürdig.

Von Sabine Beikler

Was sagen die Politiker zum „Haft-Rabatt“ für Straftäter, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen können? CDU und FDP lehnen ihn kategorisch ab, Grüne und SPD befürworten ihn – und die PDS findet Ersatzfreiheitsstrafen ohnehin fragwürdig. Wie der Tagesspiegel berichtete, wird bei männlichen Straftätern, die ihre Geldstrafe nicht zahlen können, nach der Hälfte der Haftzeit der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt. Der Grund für diese Regelung sind überfüllte Berliner Gefängnisse. CDU-Rechtspolitiker Michael Braun hat trotz der vollen Knäste kein Verständnis für eine solche Regelung: „Das ist ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit.“ Strafe sei Strafe – und die einzige Alternative zur Haftvermeidung sei, das Programm „Arbeit statt Strafe“ auszuweiten. Braun schlägt überdies angemessene „Zwischenlösungen“ bei einem kürzeren Haftaufenthalt vor: „Für diese Inhaftierten brauchen wir sicher keine Hochsicherheitstrakte.“

FDP-Fraktionschef Martin Lindner findet den CDU-Vorschlag „gar nicht übel“. Als Zwischenlösungen, die wenig kosten und bei denen „der Amtsschimmel nicht drübergaloppiert“, kann sich der FDP-Politiker zum Beispiel stillgelegte Krankenhäuser vorstellen. Die hätten ohnehin von ihrer Bauweise eine „zellenförmige Struktur“. Dass die Justiz zu so genannten Haft-Rabatten greift, ist für den liberalen Juristen ungeheuerlich. Die Richterurteile würden nun nicht in Hinterzimmern „ausgewürfelt“ und Mängel des Staates, wie zu wenig Haftplätze einzurichten, dürften nicht auf Kosten des Rechtsstaates gehen. Lindner: „Sonst werden Gerichtsverhandlungen zu Zirkusveranstaltungen.“

Das Programm „Arbeit statt Strafe“ oder auch „Schwitzen statt Sitzen“ muss laut Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) und SPD-Rechtsexperte Bernd Schimmler ausgebaut werden. In Berlin bieten die Straffälligen- und Bewährungshilfe, die Sozialen Dienste und die Freie Hilfe dieses Programm an: Alle drei gemeinnützigen Vereine haben das Problem, dass die Zahl der Klienten steigt. Die Freie Hilfe beispielsweise bearbeitete im gesamten vergangenen Jahr 1534 Fälle, im ersten Halbjahr 2003 waren es schon 997. Da die Arbeit sich laut Geschäftsführerin Wera Barth nicht nur auf Arbeitsvermittlung, sondern auch auf Begleitung und Betreuung der Straftäter erstreckt, müssen mehr Sozialarbeiter finanziert werden.

PDS-Rechtsexpertin Minka Dott findet „Arbeit statt Strafe“ zwar sinnvoll, stellt allerdings die Ersatzfreiheitsstrafen generell in Frage. Kann jemand eine Strafe nicht bezahlen, nütze das Absitzen der Strafe nichts: „Geld kommt dadurch auch nicht in die Kasse.“

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