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Flüchtlinge auf dem Gelände der Zentralen Erstaufnahmestelle des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt.

© Patrick Pleul/dpa

Vorstoß von Karl-Heinz Schröter (SPD): Brandenburgs Innenminister will Gutscheine statt Bargeld für Flüchtlinge

Brandenburgs Innenminister Schröter hat sich mit Vorschlägen für die Behandlung von Asylbewerbern Zorn auch aus den eigenen Reihen zugezogen. Schon als Landrat hatte Schröter auf Sachleistungen für Flüchtlinge gesetzt - und galt damit als Hardliner.

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Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat den Zeitpunkt seiner Äußerungen mit Bedacht gewählt. Vor einer Woche hatte er sich in den Urlaub verabschiedet. Während sich Schröter nun erholt, hat er sich in Potsdam den Zorn seiner Landtagsfraktion, des Koalitionspartners und der Grünen zugezogen. Nämlich mit diesem Vorschlag: „Wenn Armutsflüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern die Erstaufnahme nach drei Monaten verlassen, sollten sie statt Bargeld wieder Gutscheine und Sachleistungen erhalten“.

Bei dieser Idee fühlen sich viele in Potsdam an seine Zeit als Oberhavel-Landrat, als Hardliner unter Brandenburgs Landräten erinnert. Denn er hielt bis zuletzt an den umstrittenen Gutscheinen für Asylbewerber fest, obwohl die Landesregierung und seine Landespartei dagegen waren, Flüchtlingsinitiativen die Praxis als diskriminierend kritisierten – und die meisten anderen Landkreise längst Bargeld ausgereicht haben. Schröter ließ sich damals auch nicht beirren, als seine Gegner gewürdigt wurden.

2014 ehrten die Stadt Oranienburg und die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen die Initiative „Willkommen in Oberhavel“, mit dem nach dem früheren KZ-Häftling Franz Bobzien benannten Preis. Die Initiative tauschte Gutscheine für Asylbewerber in Geld um, machte die „Willkommenskultur zur Bürgersache“. Schon 2012 hatte der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck einen Asylbewerber aus Kenia für dessen Kampf gegen die Gutscheinpraxis mit dem „Band für Mut und Verständigung“ geehrt.

Schröter will Abschiebungen aus Erstaufnahme erleichtern

Schröter sagte jetzt, dass Gutscheine gegeben werden sollten, wenn die Flüchtlinge nach drei Monaten die Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung des Landes verlassen und in den Landkreisen untergebracht werden. Damit, so Schröter, soll den Schlepperbanden der Geldhahn zugedreht werden. Alternativ, so Schröter, sollte der Bund den vorgeschriebenen maximalen Verbleib von Asylbewerbern in der Erstaufnahme von drei auf sechs Monate ausdehnen, um Armutsflüchtlinge bereits aus der Erstaufnahme abzuschieben. „Fast die Hälfte der Ankommenden hat keinen Asylgrund. Armutsflüchtlinge vom Balkan machen inzwischen 40 Prozent der Asylbewerber aus“. Zugleich sagte Schröter: „Ich erwarte, dass man Syrer und andere Flüchtlinge mit berechtigtem Asylanspruch im Verfahren vorzieht und schnell auf andere Unterkünfte verteilt.“

Kritik kam von der SPD-Fraktion sowie den Linken und den Grünen, Zustimmung dagegen von der CDU. Die SPD-Abgeordneten Sylvia Lehmann und Sören Kosanke nannten den Vorschlag diskriminierend: „Die Ursachen von Armutsflucht und die Schlepperbanden müssen bekämpft werden, nicht die Flüchtlinge.“ Finanzminister Christian Görke (Linke) sagte dem Tagesspiegel: „Wer den Koalitionsvertrag kennt, ist auf der sicheren Seite. Denn darin heißt es, die Koalition wird sich dafür einsetzen, das überholte Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen und nicht, es zu verschärfen.“

SPD, Grüne und Linke lehnen Vorstoß ab - CDU pflichtet bei

Der Landes-Vizechef der Linken, Sebastian Walter, sagte, die Äußerungen Schröters seien unanständig: „Es gibt keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse.“ Die Grünen-Innenexpertin Ursula Nonnenmacher sagte, die restriktive Asylpolitik, die Schröter als Landrat in Oberhavel praktiziert habe, dürfe nicht Landesmaßstab werden.

CDU-Generalsekretär Steeven Bretz erklärte dagegen: „Den Vorschlag von Innenminister Schröter halten wir für vernünftig und unterstützenswert.“ Jedoch sei der Vorstoß erstaunlich, weil er im Widerspruch zu der Haltung der Landesregierung zu Armutsflüchtlingen stehe. Die Berliner Senatssprecherin Daniela Augenstein weist darauf hin, „dass derzeit die Gespräche zwischen den Ministerpräsidenten und dem Bund über den Umgang mit Flüchtlingen laufen“.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte eine Pro-Kopf-Unterstützung durch den Bund gefordert. Dies sei besser als eine starre Summe – die Flüchtlingszahlen stiegen ohnehin rasant. Schröters Vorstoß wird in Berliner CDU-Kreisen positiv aufgenommen. Generalsekretär Kai Wegner sagte, die Überlegung, Armutsflüchtlingen aus sicheren Herkunftsländern nach Verlassen der Erstaufnahme statt Bargeld wieder Gutscheine und Sachleistungen zukommen zu lassen, sollte „sorgfältig geprüft werden. Dies könnte dazu beitragen, die Migrationsbewegungen aus den sicheren Balkanstaaten einzudämmen“. Die Asylgesetzgebung gebe „wirklich hilfsbedürftigen Menschen“ Schutz.

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