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Vorwürfe von Tierschützern: Zoo-Chef wegen Katzentötung unter Druck

Die Kritik an Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz wächst. Erst sollen hunderte Tiere in den vergangenen Jahren spurlos verschwunden sein und nun wirft man ihm auch noch Mord an kleinen Kätzchen vor.

Nach dem erfolgreichsten Jahr in der Geschichte des Berliner Zoos dank Eisbär-Liebling Knut folgte der jähe Stimmungswandel. Zoo- und Tierpark-Direktor Bernhard Blaszkiewitz ist schwer unter Druck geraten. Am Freitag räumte er öffentlich die eigenhändige Tötung von vier verwilderten jungen Katzen im Jahr 1991 im Tierpark Friedrichsfelde im Ostteil Berlins ein. Schon in der Woche vor Ostern hatte die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen den Zoologen wegen angeblich zahlreicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz erstattet.

Der Tierschutzverein Berlin-Brandenburg kündigte am Freitag für kommende Woche "eigene juristische Schritte" an. Zoo-Sprecher Detlef Untermann berichtete von einer anonymen Drohung gegen Blaszkiewitz per E-Mail. Die Polizei wurde eingeschaltet. Querelen dieser Dimension hat es in der langen Geschichte der beiden Berliner Tiergärten mit jährlich mehr als vier Millionen Besuchern nie zuvor gegeben.

Katzen "artgerecht das Genick gebrochen"

Die Vorwürfe gegen Blaszkiewitz, der seit 2007 für beide Zoos verantwortlich ist, haben sich in den vergangenen Tagen auf zwei Ebenen angesammelt. Auslöser zahlreicher Schlagzeilen waren die Vorwürfe der Grünen-Abgeordneten. Nach ihren Angaben sollen Hunderte von Tieren aus Zoo und Tierpark in den vergangenen Jahren spurlos verschwunden sein. Auch sei es zu nicht artgerechten Tier-Kreuzungen und zur Inzucht bei Giraffen gekommen. Zoo-Direktor Blaszkiewitz hatte diese Vorwürfe ausnahmslos zurückgewiesen. Er sei es "müde, auf Hämmerling zu antworten", wischte er die Anwürfe beiseite.

Völlig anders äußerte sich Blaszkiewitz zu Aussagen einer früheren Tierpark-Pflegerin, er habe im Tierpark persönlich vier Kätzchen getötet. "Ich brach den Kätzchen artgerecht das Genick", sagte er in einem Interview mit der Zeitung "B.Z." vom Freitag. Er habe dies zum Schutz der ihm anvertrauten Tiere und Menschen getan. Die Katzen seien verwildert gewesen und hätten gefährliche Krankheiten verbreiten können.

Der Sprecher des Berliner Tierschutzvereins, Marcel Gäding, sagte, es gebe inzwischen Informationen, wonach es sich "nicht um einen Einzelfall gehandelt hat". Die Tierschützer seien derzeit im Gespräch mit mehreren Ex-Mitarbeitern des Tierparks. Gäding: "Das jahrelange Schweigen unter Blaszkiewitz ist durchbrochen."

"Wildtiere sind keine Spielkameraden"

Die Präsidentin des Verbandes Deutscher Zoo-Direktoren, Gisela von Hegel, sagte zur Ethik-Debatte, die Fragen über "das Töten und Überleben von Wildtieren in Zoos müssen im Umgang mit der Öffentlichkeit sehr offen und transparent behandelt werden". Von Hegel, Tierärztin und Direktorin des Zoos in Karlsruhe, kündigte ein neues Positionspapier ihres Verbandes für die nächste Tagung im Mai in Frankfurt/Main an. "Wildtiere müssen als Wildtiere und nicht als Spielkameraden wie Haustiere verstanden und behandelt werden", sagte sie.

Da die Geburtenrate in Zoos oft nicht beeinflusst werden könne, gleichzeitig aber eine ausgewogene Population aufrechterhalten werden müsse, äußerte sie Verständnis zum Beispiel für die Praxis im Nürnberger Tiergarten. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wurde dort eine Antilope getötet und an Löwen verfüttert. Zu den Berliner Vorwürfen, dass zahlreiche Tiere schlicht "verschwunden" seien, wollte sich von Hegel nicht äußern.

Hans-Rüdiger Bein[dpa]

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