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Die Reiterstatue des Königs Henri Quattre auf der Pont Neuf in Paris.

© Demarthon/AFP

Wahl in Frankreich: Die humanen Reiter

Frankreichs König Henri Quattre, Brandenburgs Großer Kurfürst und der Alte Fritz hielten die Toleranz hoch. Eine Glosse

Was das Alter betrifft, kann Berlin Paris nicht das Wasser reichen – ein windschiefes Bild, aber da beide Städte ihr jeweiliges Selbstbild zu erheblichen Teilen der Lage an Flüssen verdanken, mag es angehen. Was das ewig junge und doch uralte Paris betrifft: Jeder Asterix-Leser weiß um Lutetia, wie die Stadt an der Seine bei den alten Römern noch hieß. Berlin dagegen: Feierte 1987 gerade mal 750. Geburtstag, was allerdings beide Metropolen damals nicht davon abhielt, sich zu Partnerstädten zu erklären.

Es ist also schon deswegen aus Berliner Sicht nicht eine Hauptstadt wie jede andere, auf die sich an diesem Sonntag die Augen der Welt oder zumindest die der westlichen Hemisphäre richten, gilt es doch für die französischen Wähler, einen neuen Bewohner für den Élysée-Palast zu finden. Oder, nun ja, eine Bewohnerin.

Einer der Schlüsselbegriffe, an denen sich die Wahl wohl entscheiden wird, ist die Toleranz, das Akzeptieren des Fremden, Ungewohnten, ganz Anderen – und genau in diesem Punkt sind Paris und Berlin historisch aufs Engste verbunden. Mehr noch: Es spielen dabei jeweils Pferde eine wichtige Rolle.

Der Große Kurfürst hoch zu Ross im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg.
Der Große Kurfürst hoch zu Ross im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg.

© Thilo Rückeis

Nein, hier geht es nicht um die Quadriga, die bekanntlich nur einmal verreist ist, nach Paris, wenn auch nicht freiwillig, auf Anordnung Napoleons. Hier geht es um die Werte, die drei noch immer durch ihre einstigen Hauptstädte reitende Herrscher beispielhaft verkörpert haben. In Paris ist das Henri Quattre, hoch zu Ross auf Pont Neuf, von dem in Berlin begrabenen Heinrich Mann in zwei dicken Romanen besungen. Mit dem König verbindet man gemeinhin, wenngleich fälschlich den Satz „Paris ist eine Messe wert“ – vor allem aber das Edikt von Nantes vom 13. April 1598, mit dem er den lange Zeit verfolgten Hugenotten – Bartholomäusnacht! – Gewissensfreiheit und freie Religionsausübung gewährte und so die endlosen Konfessionskriege in seinem Land eine Zeitlang befriedete. Sonnenkönig Ludwig XIV. hob das Edikt 1685 wieder auf, und eine Flut flüchtender Hugenotten ergoss sich in die Nachbarländer.

Nun kommt der zweite Reitersmann ins Spiel, der Große Kurfürst, man trifft sein ehernes Abbild im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg. Ein Mann im Geiste des großen Franzosen, der mit dem Edikt von Potsdam, ebenfalls 1685, das preußische Gegenstück zu Henris Toleranzedikt erließ: Refugees welcome! Oder auf gut Deutsch: Her mit den Hugenotten! Freie Religionsausübung? Kein Problem. Und Privilegien zum Aufbau einer neuen Existenz sind gleich inbegriffen.

Schließlich der dritte Reiter, sein Pferd hieß übrigens Condé, er selbst Fritz, zu sehen sind beide Unter den Linden. Wie meinte er doch: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“ Recht hat er.

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