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Berlin: Wahlanfechtung: Die CDU muss noch warten

Rechtslage vor Gericht unklar Urteil am 6. Dezember erwartet

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland hat vor Neuwahlen in Berlin gewarnt. „Bestraft werden müsste die Partei, die solches Kuddelmuddel hervorruft“, sagte der ehemalige Justizsenator vor dem Landesverfassungsgericht. Dort wurde gestern drei Stunden lang über den Einspruch der CDU-Politiker Marcus Mierendorff und Ulrich Manske „gegen die Gültigkeit der Wahlen zum Abgeordnetenhaus vom 21. Oktober 2001“ verhandelt. Beide waren, wie berichtet, von den Wahllisten des CDU-Kreisverbandes Steglitz-Zehlendorf im zweiten Anlauf heruntergepurzelt.

Am 6. Dezember, dem Nikolaustag, wird das Verfassungsgericht entscheiden, ob dieser zweite Wahlvorschlag der Union rechtswirksam zustande kam und ordnungsgemäß eingereicht wurde. Um 12 Uhr soll das Urteil verkündet werden. Hinter dieser Frage stecke ein „nicht ganz einfacher Sachverhalt“, bemerkte der Vorsitzende Richter Ulrich Storost gestern. Mehrfach hakten er und seine Kollegen Klaus-Martin Groth und Albrecht Rendelzhofer kritisch nach, um zu verstehen, was sich in der Berliner CDU bei der Nominierung der Wahlkandidaten abspielte. Im Ergebnis waren sich alle Anwesenden einig, dass das Landeswahlrecht für diesen speziellen Fall nicht gerüstet war.

„Das Wahlgesetz lässt uns im Stich“, sagte Richter Storost. Vor allem bezüglich der so genannten Vertrauensperson, die für ihre Partei die Kandidatenlisten bei der zuständigen Wahlbehörde einreicht. Das Berliner Wahlrecht lässt aber offen, welche Parteigremien die Vertrauensperson zu ernennen hat und wer befugt ist, sie abzuberufen. Es ist auch im Gesetz nicht geregelt, was geschieht, wenn die Vertrauensperson gegen den Willen der eigenen Partei handelt. Im Fall der Steglitz-Zehlendorfer CDU hatten die Vertrauenspersonen Petra Gödel und Ulrich Manske zwar die ersten Wahlvorschläge unterschrieben. Nach der Neunominierung der CDU-Bezirkskandidaten wollten sie mit der korrigierten und vom Landeswahlleiter akzeptierten zweiten Liste aber nichts zu tun haben. Trotzdem wurden sie nicht förmlich abberufen.

Ob dies rechtlich zwingend gewesen wäre, blieb gestern zwischen den gegnerischen CDU–Lagern strittig. Nur Gödel und Manske hätten die ursprünglichen Wahlvorschläge zurücknehmen dürfen, meinte Mierendorffs Anwalt, Ole J. Herrmann. Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskas bestätigte zwar, dass die Rolle der Vertrauensperson ungenügend geregelt ist, aber: „Von einem offensichtlichen Verstoß gegen demokratische Grundsätze kann hier nicht die Rede sein.“ Die innerparteilichen „Misshelligkeiten“ änderten nichts an der Zulässigkeit des zweiten CDU-Wahlvorschlags. Allerdings stellte sich im Verlauf der mündlichen Verhandlung heraus, dass vor dem Landesschiedsgericht der Union noch geklärt werden muss, ob der Kreisparteitag Mitte September 2001, der die neue Liste beschloss, korrekt zusammengesetzt war.

Ob dem Landesverfassungsgericht die Regelverstöße und Ungereimtheiten im CDU-Kreisverband, die nunmehr im Detail offenliegen, für ein folgenschweres Urteil ausreichen, blieb gestern offen. Abweisung der Klage, Austausch von Mandatsträgern, Entzug von Parlamentsmandaten, landesweite oder bezirkliche Neuwahlen: Darüber zu entscheiden, sagte Richter Storost am Schluss, sei „auch keine ganz einfache Frage.“ Am Ende der Verhandlung wies er noch auf den – von Wieland und CDU-Landeschef Christoph Stölzl vorgebrachten – Einwand hin, in Berlin „nicht alle für die Fehler einer Partei verantwortlich zu machen.“ Sonst könnten, so Stölzl, künftig „böswillig eingebaute Sprengsätze“ bei der Kandidatenauswahl dazu führen, dass ständig neu gewählt werden müsse.

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