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Wahlforscher: Rot-rote Zukunft hängt an der FDP

Eine Fortsetzung der rot-roten Koalition in Berlin ist wohl nur möglich, wenn die Liberalen den Sprung ins Abgeordnetenhaus verpassen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Wahlergebnis für die Abgeordnetenhauswahl könnte laut election.de so aussehen: SPD 30 Prozent, Grüne 22 Prozent, CDU 21 Prozent, Linke 13 Prozent und FDP 4 Prozent. Diese Prognose deckt sich mit dem Trend aktueller Meinungsumfragen. Nach der derzeitigen Stimmungslage ist mit einem deutlichen Sieg der Sozialdemokraten und einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Grünen und Christdemokraten um den zweiten Platz auszugehen.

Für Matthias Moehl, Chef von election.de, ist es aber noch keine ausgemachte Sache, dass die Liberalen an der Fünfprozenthürde scheitern. Sollte zum Beispiel die Bundes-FDP in den kommenden Wochen ihr Meinungstief überwinden, könne es durchaus sein, dass die Freien Demokraten in Berlin wieder ins Landesparlament einziehen. Für die Regierungsbildung wäre das nicht ganz ohne Bedeutung, weil derzeit alle Koalitionsspekulationen ohne die FDP auskommen.

Ohne FDP errechnen die Wahlforscher folgende Verteilung der Sitze im Abgeordnetenhaus: SPD 52, Grüne 38, CDU 36 und Linke 23. Im Vergleich zur Wahl 2006 gingen der SPD und der Linken jeweils ein Mandat verloren, die Grünen bekämen 14 Sitze dazu, und die CDU bliebe gleichstark. Für die Bildung eines neuen Regierungsbündnisses erwachsen daraus mehrere Alternativen. Eine rot-grüne Koalition hätte mit 90 von 149 Parlamentssitzen eine klare Mehrheit. Die Sozialdemokraten könnten mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit an der Spitze aber auch mit den Christdemokraten komfortabel regieren. Und mit denkbar knapper Mehrheit von einer Stimme wäre es sogar möglich, Rot-Rot fortzusetzen.

Nicht reichen würde es nach dieser Prognose für ein grün-schwarzes Bündnis mit einer Regierenden Bürgermeisterin Renate Künast (Grüne). Aber was wäre, wenn die FDP doch wieder ins Parlament einzieht? Dann wäre die dritte Auflage von Rot-Rot wohl nicht mehr möglich, und rein rechnerisch könnten Grüne, CDU und Freie Demokraten eine Jamaica-Koalition bilden. Doch politisch gilt dieses Modell, jedenfalls für Berlin, als mausetot. Eine starke rot-grüne Mehrheit könnte die FDP im Abgeordnetenhaus nicht gefährden.

Andere Parteien haben nach der Voraussage von election.de keine Chance, in das Landesparlament einzuziehen. Dafür ist die Fünfprozenthürde zu hoch. Das gilt sowohl für die rechtsextreme NPD als auch für die rechtspopulistischen Kleinparteien „Pro Deutschland“ und „Die Freiheit“ des ehemaligen CDU-Abgeordneten René Stadtkewitz. Auch die Piratenpartei, die vor allem bei Studierenden und Jugendlichen auf große Resonanz stößt, wird aller Voraussicht nach nicht ins Abgeordnetenhaus einziehen. Anders sieht es in den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen von Berlin aus. Dort sind jetzt schon NPD, Republikaner und Graue vertreten. In den Bezirksvertretungen reichen schon drei Prozent der Stimmen, um Mandate zu erringen.

Election.de ist kein klassisches Meinungsforschungsinstitut. Das kleine Institut in Hamburg erarbeitet seit 2001 Wahlanalysen für Presse und Rundfunk, aber auch für Parteien und Kandidaten. Grundlage ist ein sogenanntes Projektionsverfahren, das neben aktuellen Umfragen auch lokale Trends, demographische Daten und langfristiges Wahlverhalten einbezieht. Dadurch wird es möglich, politische Meinungstrends nicht nur landesweit, sondern auch regional bis in die städtischen Kieze aufzuspüren. za

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