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Wahlrecht: Note mangelhaft für das Berliner Wahlrecht

Berlin hat im bundesweiten Vergleich das schlechteste Wahlrecht. Die Initiative "Mehr Demokratie" zeigt in ihrem Ranking gravierende Defizite auf. Hamburg und Bremen liegen auf den Spitzenplätzen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Kein anderes Bundesland gesteht seinen Wählerinnen und Wählern weniger Einfluss bei der Wahl der kommunalen Parlamente zu“, lautet das Fazit der Initiative „Mehr Demokratie“. Das sei ein trauriges Ergebnis für die Hauptstadt, sagte der Sprecher der Initiative, Michael Efler, am Dienstag. Um den Anschluss nicht ganz zu verlieren, müsse das antiquierte und wenig bürgerfreundliche Berliner Wahlrecht reformiert werden.

An der Spitze des Rankings stehen Hamburg und Bremen. Dort können die Wähler auf der Landes- und Bezirksebene jeweils mehrere Stimmen auf eine oder mehrere Parteien bzw. Wahlkreiskandidaten verteilen. In beiden Stadtstaaten haben Volksbegehren dazu beigetragen, das Wahlrecht grundlegend zu reformieren. Am Ende der Liste stehen Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Berlin, denen „Mehr Demokratie“ die Note mangelhaft gibt. Besonders schlecht weg kommt das System zur Wahl der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV), denn die Wähler können nur ein Kreuzchen für eine Parteiliste machen. „Damit sichern sich die Parteien die alleinige Auswahl der Kandidaten“, sagte Efler. Das werde der Bedeutung der Berliner Bezirke nicht gerecht.

Kritisiert wird auch die Dreiprozenthürde bei den Bezirkswahlen. In 13 der 16 Bundesländer gebe es auf kommunaler Ebene eine solche Hürde nicht. Außerdem bevorzuge das Verfahren nach d’Hondt für die Verteilung der bezirklichen Mandate die großen Parteien. Positiv ins Gewicht fällt nur das Wahlrecht ab 16 Jahren bei den BVV-Wahlen. Ein solches Jugendwahlrecht wird von „Mehr Demokratie“ auch für die Abgeordnetenhauswahlen gefordert. Linke und Grüne unterstützen dies, auch die meisten Abgeordneten der SPD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete Rainer Ueckert. Auch die FDP ist grundsätzlich dafür, will die Verfassung aber nicht mehr in dieser Legislaturperiode ändern.

Also wird es voraussichtlich nach der Wahl in Berlin am 18. September einen neuen Anlauf für das Wahlrecht ab 16 Jahren geben. Mit guten Chancen für die notwendige verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Abgeordnetenhaus. Die Grünen haben jetzt noch eine andere Initiative gestartet. Sie fordern, dass an den BVV-Wahlen nicht nur Deutsche und EU-Ausländer, sondern alle Nationalitäten teilnehmen können. Voraussetzung sei ein mindestens dreijähriger rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet. Diese Erweiterung des Wahlrechts, so begründen die Grünen ihren Parlamentsantrag, sei mit einer Änderung der Landesverfassung durchsetzbar.

Ein Volksbegehren zur Änderung des Wahlrechts für das Abgeordnetenhaus nach dem Vorbild Hamburgs und Bremens ist in Berlin 2009 im Sande verlaufen. Alle Parteien sind skeptisch, denn das neue Wahlrecht wäre sehr kompliziert. „Mehr Demokratie“ gibt aber noch nicht auf.

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