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Wahlslogan der Piraten in Berlin: Nix für ungut

"Wir hatten es uns auch einfacher vorgestellt": Mit diesem Slogan werben die Piraten um Wähler. Karin Christmann aber verzeiht nicht jedem Politiker, der so herumhängt.

Theorie und Praxis neigen ja ohnehin dazu, gemeinerweise einfach nicht übereinzustimmen. Die Erfahrung hat schon so mancher Verliebte gemacht, der sich nach dem Zusammenziehen plötzlich zwischen dreckigem Geschirr und schmutzigen Unterbuxen eines irgendwie doch noch halb fremden Partners wiederfand. Vielen Fahrschülern ist es so ergangen, dass sie zwar schon mal die wichtigsten Vorfahrtsregeln kannten, deshalb aber trotzdem beim Anfahren rückwärts den Berg runterrollten. Und wer von einem idyllischen Leben mit Kind träumt, wacht womöglich eines Tages davon auf, dass er morgens um halb fünf erbrochenes Abendessen von gestern aufwischen muss.

Irgendwie ganz genau so ist es in der Politik, und eine Truppe weiß das besonders gut: die Piraten. Die wollten schließlich das Berliner Abgeordnetenhaus, wenn nicht sogar die deutsche Politik, wenn nicht sogar die Demokratie als solche entrümpeln. Dann kam die Praxis. Dann kam, Glück gehabt, Prism.

Die Piraten sind zwar noch ganz schön zersauselt vom realparlamentarischen Dauerschleudergang, eines aber haben sie sich bewahrt: die Selbstironie. Und wenn sie schon sonst wenig vorzuweisen haben, starten sie wenigstens mit der in den Bundestagswahlkampf.

Christopher Lauer, Ex-Vorsitzender der 15 Berliner Fraktionäre, posiert als Fotomodell und gibt zu Protokoll: „Wir hatten es uns auch einfacher vorgestellt.“ Sogar eine Entschuldigung kommt vom Plakatlauer, dessen reales Pendant nicht in erster Linie durch gute Umgangsformen bekannt geworden ist.

Vielleicht nimmt sich die politische Konkurrenz ja noch ein Beispiel. „Sorry, wir wussten auch nicht, dass Peer so freidrehen würde.“ „Tut uns leid, die Stimmen der Mövenpick-Hoteliers brauchen wir einfach.“ „Nix für ungut, das Betreuungsgeld will ja eh keiner, also kostet es auch nichts.“ Aber wo bleibt da die positive Botschaft? Die Piraten schreiben: „Das heißt nicht, dass wir aufgeben.“ Na dann: Abwaschen, Gang einlegen, Putzlappen holen. Wenn es dafür mal nicht zu spät ist.

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